Logische Studien über Entwicklung.
17
Vorbemerkungen.
1. Der Begriff Kausalität (FolgeVerknüpfung) soll sich aus-
drücklich auf das Geschehen in isolierten, aus dem Naturganzen
gleichsam herausgeschnittenen Systemen beziehen. Es wird gefragt
nach, den Ursachen von einzelnen Veränderungen in solchen
Systemen. Die Kausalitätslehre ist ja ein (nur teilweise befriedi-
gender) Ersatz1 für den unerfüllbaren logischen Wunsch, jedes
Einzelne an Sein und Geschehen in der Natur aus dem Begriff
„die ganze Wirklichkeit“ heraus zu begreifen („ordnungsmoni-
stisches Ideal“).
2. Alle überhaupt kenn- und erforschbaren Natursysteme sind
jedenfalls auch „materielle“, d. h. in materiellem Sein und Ge-
schehen sich ausprägende Systeme. Denn:
a) Alles Wissen um Natur- oder empirische Wirklich-
keit geht aus von Sätzen, welche aussagen, daß hier jetzt ein solches
ist. Mit dem Worte solches sind letzthin, im Sinne der Materien-
theorie, gewisse nicht weiter auflösbare Letztteile des Etwas im
Raume gemeint — (sei es von nur einer Art, sei es von mehreren
Arten) —, welche ihrerseits ein festes Beieinander gewisser beharr-
licher Eigentümlichkeiten bedeuten.
b) Alles Wissen um Veränderungen in der Natur geht im
Sinne der Materientheorie aus von dem Wissen um Bewegungen
dieser materiellen Letztteile. Anders gesagt: Alles Wissen um „Ent-
stehen und Vergehen“ betrifft die Änderung der Lagen des materiel-
len Letzten. Nicht dem „Entstehen lind Vergehen“ unterworfen
sind erfahrungsgemäß (nicht etwa „a priori“2) jedenfalls die
Materie selbst und die Energiequanten; ob noch anderes weder
entsteht noch vergeht, bedarf gesonderter Untersuchung.
A. Die Grundfrage.
Jede einzelne Bewegungsänderung eines Urdinges (einschließ-
lich des Beginnes von Bewegung überhaupt), über deren Ursache
noch nichts bekannt ist, kann grundsätzlich gedacht werden als
bewirkt durch eine „mechanische“, d. h. eine irgendwo aus dem
Raume her stammende Kraft von bestimmter Stärke und Rich-
1 Vgl. Wirklichkeitslehre S. 96 f.
2 „Schöpfung“ von Materie und Bewegung, und ebenso ihre „Ver-
nichtung“ ist denkbar. Daß der Energieerhaltungssatz gelten muß, wenn
nur raumhafte Kausalität in Frage kommt, ist allerdings ein ontologischer
(„apriorischer“) Satz.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1919. 18. Abh.
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Vorbemerkungen.
1. Der Begriff Kausalität (FolgeVerknüpfung) soll sich aus-
drücklich auf das Geschehen in isolierten, aus dem Naturganzen
gleichsam herausgeschnittenen Systemen beziehen. Es wird gefragt
nach, den Ursachen von einzelnen Veränderungen in solchen
Systemen. Die Kausalitätslehre ist ja ein (nur teilweise befriedi-
gender) Ersatz1 für den unerfüllbaren logischen Wunsch, jedes
Einzelne an Sein und Geschehen in der Natur aus dem Begriff
„die ganze Wirklichkeit“ heraus zu begreifen („ordnungsmoni-
stisches Ideal“).
2. Alle überhaupt kenn- und erforschbaren Natursysteme sind
jedenfalls auch „materielle“, d. h. in materiellem Sein und Ge-
schehen sich ausprägende Systeme. Denn:
a) Alles Wissen um Natur- oder empirische Wirklich-
keit geht aus von Sätzen, welche aussagen, daß hier jetzt ein solches
ist. Mit dem Worte solches sind letzthin, im Sinne der Materien-
theorie, gewisse nicht weiter auflösbare Letztteile des Etwas im
Raume gemeint — (sei es von nur einer Art, sei es von mehreren
Arten) —, welche ihrerseits ein festes Beieinander gewisser beharr-
licher Eigentümlichkeiten bedeuten.
b) Alles Wissen um Veränderungen in der Natur geht im
Sinne der Materientheorie aus von dem Wissen um Bewegungen
dieser materiellen Letztteile. Anders gesagt: Alles Wissen um „Ent-
stehen und Vergehen“ betrifft die Änderung der Lagen des materiel-
len Letzten. Nicht dem „Entstehen lind Vergehen“ unterworfen
sind erfahrungsgemäß (nicht etwa „a priori“2) jedenfalls die
Materie selbst und die Energiequanten; ob noch anderes weder
entsteht noch vergeht, bedarf gesonderter Untersuchung.
A. Die Grundfrage.
Jede einzelne Bewegungsänderung eines Urdinges (einschließ-
lich des Beginnes von Bewegung überhaupt), über deren Ursache
noch nichts bekannt ist, kann grundsätzlich gedacht werden als
bewirkt durch eine „mechanische“, d. h. eine irgendwo aus dem
Raume her stammende Kraft von bestimmter Stärke und Rich-
1 Vgl. Wirklichkeitslehre S. 96 f.
2 „Schöpfung“ von Materie und Bewegung, und ebenso ihre „Ver-
nichtung“ ist denkbar. Daß der Energieerhaltungssatz gelten muß, wenn
nur raumhafte Kausalität in Frage kommt, ist allerdings ein ontologischer
(„apriorischer“) Satz.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1919. 18. Abh.