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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 18. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 2 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37695#0018
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18

Hans Driesch:

tung, welche graphisch durch eine Strecke von bestimmter Länge
und Richtung darstellbar ist (bei Drehungen tritt an die Stelle
der einen Kraft ein Kräftepaar).
Es wird gefragt, ob, wo immer es sich um eine empirische
Bewegungsänderung handelt, in der Tat eine solche im Raume
bestehende Kraft oder eine Konstellation im Raume bestehender
Kräfte vorhanden war. Anders gesagt: ob die ,,mechanische“ Kraft,
welche die fragliche Bewegungsänderung hervorgebracht haben
„könnte“ (nach Maßgabe der Stärke und Richtung der erfolgten
Bewegungsänderung), empirisch wirklich gewesen sein kann als
mechanische,. auf eben diese Bewegungsänderung gerichtete Kraft.
Der dogmatische Mechanismus behauptet, daß das immer der
Fall sein müsse.
Bewegt sich ein materielles Letztding m in der Zeit t von A1
nach A2, so ist also die Frage diese: Läßt sich die Bewegung
von m nach Stärke und Richtung restlos zurückbeziehen auf die
Kennzeichnung des m als solchen, auf seine immanente Geschwin-
digkeit, nach Stärke und Richtung, im Punkte Ax und auf eine
irgendwo aus dem Raume her stammende, auf m in Ax wirkende
Kraft? Oder läßt sich diese Bewegung nicht oder doch nicht
vollständig auf die drei genannten Data zurückbeziehen?
Reden wir einmal nicht von Urdingen, sondern allgemeiner
von materiellen Dingen im Sinne der Experimentalerfahrung, so
gestaltet sich die Frage, wie folgt: Wo es sich um physikalisch-
chemisches, also kurz mechanisches oder materielles Geschehen
handelt, entspringt eine bestimmte Wirkung nie aus den eigent-
lichen Ursachen im engeren Sinne und den äußeren Bedingungen
allein, sondern auch stets aus dem Sosein dessen, was betroffen
wird. Das Betroffene kommt aber mechanisch nur als Ma-
terielles in Frage, also z. B. seiner chemischen Natur oder seinem
Aggregatzustand nach. Ob in diesem Sinne bei allen natur-
wirklichen Geschehnissen das materielle Sosein des Betroffenen,
neben äußeren Ursachen und Bedingungen, den vollen zureichen-
den Grund für die Wirkung enthält, das ist die eigentliche vita-
listische Frage.
Der Vitalismus lehrt nun, daß die Frage gegen den Mechanis-
mus zu entscheiden ist. Aber welches ist dann der tatsächliche
Sachverhalt ?
Diese Frage will die Lehre von der amechänischen Kausalität
beantworten.
 
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