Sitzungsberichte der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften

Logische Studien über Entwicklung.

25

schafft, noch Energie vernichtet, noch selbst als eine unfaßbare
Form von Energie gefaßt wird, so bleiben, soviel ich sehe, die fol-
genden drei Möglichkeiten einer entelechial-mechanischen Wirkung
als a priori möglich bestehen:

i. Erste Möglichkeit: Die Suspensionstheorie.
Die Entelechie „suspendiert“ kinetische Energie, d. h. sie
verwandelt wie durch einen Widerstand (aber von unraumhafter
Art) kinetische Energie in loco in potentielle Energie. Nur eine
Unterart dieses Falles wäre es, wenn Entelechie einen potentiellen
Energiebetrag, der gerade daran ist, sich in kinetische Energie
umzusetzen, weil die materiellen Umstände das jetzt gestatten,
weiter in statu potentiae erhält.
Bleiben wir bei der Betrachtung des Hauptfalles, so wäre
also der (unraumhafte) „Widerstand“, durch den die Suspension
kinetischer Energie erfolgt, hier insofern nicht nach Analogie eines
materiellen Widerstandes zu denken, als nicht etwa der Träger
der kinetischen Energie bei seiner Bewegung von ihm „zurück-
prallt“. Vielmehr soll es eben das Eigenartige des Vorganges aus-
machen, daß ein Urding, welches mit bestimmter Geschwindigkeit
einen bestimmten Ort durchläuft, an diesem Ort sistiert wird,
aber mit dem Vermögen bei Nachlassen der Suspension seinen Weg
in der Richtung und mit der Geschwindigkeit fortzusetzen, welche
ihm im Moment des Suspendiertwerdens eigen waren.
Das ist ein ganz unmechanischer Vorgang, soll es ja aber auch
sein. Da nur jeweils ein Urding in Frage kommt, fällt das Beden-
ken weg, daß in dem plötzlich in seiner Bewegung sistierten System
„Trägheitswirkungen“ im Sinne mechanischer Zerstörungen (wie
in einem momentan angehaltenen Eisenbahnzug) zur Geltung
kommen müßten. Das „System“ ist ja eben ein Urding.
Zur Suspension gehört hier als Gegenstück die Suspensions-
aufhebung seitens der Entelechie. Das ist keine „Auslösung“ im
mechanischen Sinne; Entelechie hebt nur einen aus ihr selbst
stammenden Widerstand auf.
Sachlich ist nur Suspension neuer Urdinge im Anschluß
an schon bestehende Suspension anderer bekannt (Assi-
milation). Das Gegenteil, also Suspension ab origine, würde einen
„Anfang“ neuen Lebens bedeuten; wir kennen aber nur Leben
in materieller Kontinuität; stets muß schon „suspendiert gewesen