Metadaten

Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 7. Abhandlung): Agatharchidea — Heidelberg, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37684#0047
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Agatharchidea.

47

clides in die östliche Gruppe gestellten Sokratik loslösen, um sie
der pythagoreischen Linie zuzuweisen. So wird denn auch beim
Anonymus weiterhin (439 a. 35) der Einfluß des Socrates auf Plato
ausdrücklich auf die einzige Ethik eingeschränkt, und selbst dies
nicht ohne Vorbehalt (μάλιστα!). Das dürfte (unserem Zeit-
ansatz eine Stütze) zugleich als Ablehnung der mittleren Akademie
aufzufassen sein, die ihren Antidogmatismus u. a. dadurch kund-
gab, daß sie im Gegensatz zur pythagoreisierenden alten Akademie
nachdrücklich wieder an Sokrates sowie dessen Dialektik und
Mündlichkeit anknüpfte und demgemäß den echten Platonismus
unmöglich im Timäus und anderen Altersschriften finden konnte.
Kaum eines Wortes endlich bedarf der Umstand, daß der Ano-
nymus nicht wie Heraclides seine Entwicklungsreihe über Aristo-
teles hinaus weiter verfolgt, zu Epicur und Stoa. Er will ja —
nicht nur nach unserer Annahme, sondern nach dem Augenschein
- gar nicht Philosophiegeschichte schreiben, er schreibt ein Pro-
ömium zu einem geographischen Werke und will darin seine eigene
Weltanschauung niederlegen, die sich zu einem Aristotelismus
bekennt von der Eigenart und sonderbaren historischen Orien-
tierung, die wir nun schon kennen. Wenn er als Peripatetiker so
in Aristoteles und seiner Schule den Schlußpunkt der Entwick-
lung sah, so dachte er dabei vielleicht auch an das stolze Wort
des Meisters: se videre, quod paucis annis magna accessio facta
esset, brevi tempore philosophiam plane absolutam fore, nach Cicero,
Tusc. 3, 69.

7.
Es folgt in § 2 ein Abschnitt über Unterscheidungen in der
pythagoreischen Schule selber. Die Einteilung in σεβαστικοί
πολιτικοί μαθηματικοί ist für Zeit und Richtung des Verfassers
bedeutsam. Sie steht für sich allein gegenüber den späteren Über-
lieferungen, wo zwischen άκουστικοί (Novizen) und Esoterikern
unterschieden wird, die entweder wiederum in μαθηματικοί und
φυσικοί sich teilen (Taurus bei Gellius 1, 9) oder auch nur, in
einem weiteren Sinne des Wortes, μαθηματικοί heißen (Porph.
vit. Pyth. 37, Jambl. 81, anderes bei Zeller l5, 1, 316). In dem
Ausdruck σεβαστικοί für θεωρητικοί wird in bedeutsamer Weise
gleichsam ein Vorspiel neupythagoreischer Weihestimmung be-
merklich, doch spricht sich anderseits, wie zu erwarten, nicht
minder deutlich der Peripatetiker aus, denn die Einteilung selbst
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften