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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 7. Abhandlung): Agatharchidea — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37684#0105
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Agatharchidea.

105

sehen Geistes und seiner Leistungen entscheidend gedacht werden.
Es fallen die Stichworte Ισχνόν und λεπτύνειν. Man sieht, mit
dem Begriff des 'Attischen5 verbindet sich hier bereits dasselbe
Geschmacksurteil, das in der Lehre von den Stilarten das genus
tenue et subtile unterscheidet. Dieser Geschmack, der mit sprach-
lichem Attizismus nicht das geringste zu tun hat, vereinigt unsere
Stelle in der erwünschtesten Weise mit jener Polemik gegen Hege-
sias in der Einleitung zum 5. Buche, wo Agatharchides, wie wir
früher sahen (S. 8) und erst jetzt richtig zu würdigen wissen, in
auffälliger Weise lauter attische Meister als Gegenbeispiele ein-
führt, so daß wir auch hier unsere Ansicht über den Anonymus
bestätigt finden. Das starke Lob Athens, das wir hier lesen, und
das Photius veranlaßt zu haben scheint, Agatharchides geradezu
einen Attizisten zu nennen (vgl. S. 7), bleibt freilich bei dem
Alexandriner auffällig. Fast möchte man vermuten, Athen sei
die Zufluchtsstätte des Verbannten gewesen (vgl. S. 10). Indessen
klärt sich die Sache einfacher auf. Es ist unmittelbar nicht die
freie Vorliebe des Schriftstellers für die Attiker, sondern es ist
auch hier platonische Romantik, die aus der Stelle spricht, der
Atlantismythus und seine preisende Schilderung Urathens. Wir
lesen im Timäus 24G: ή Τεός προτέρους υμάς κατώκισεν έκλεξα-
μένη τον τόπον, εν ώ γεγένησθε, τήν εύ κρασί αν των ωρών έν αύτώ
κατιδοΰσα, ότι φρονιμωτάτους άνδρας οΐσοι (vgl. Panätius’ Zu-
stimmung, die der des Agatharchides ganz gleichartig ist, bei
Procl. zur Stelle, 50B). Wenn nun in unserem Text 441a 25ff.
neben den Künsten und Wissenschaften der Athener in einer
für diesen Zusammenhang gewiß ganz unerwarteten Weise betont
wird, daß sie auch als στρατηγικοί sich auszeichneten, so erklärt
sich eben dies nur aus dem Timäus, wo es weiter geht: άτε ούν
φιλοπόλεμος τε καί φιλόσοφος ή Τεός ούσα τον προφερεστάτους αύτή
μέλλοντα ο’ίσειν τόπον άνδρας, τούτον έκλεξαμένη πρώτον κατώκισεν κτλ.
Und bei Platon mußte ja auch die kriegerische Tüchtigkeit dieser
γεννήματα καί παιδεύματα θεών betont werden, ela sie sich alsbald
wappnen müssen zum Kampf mit den Atlantikern. Diese Hervor-
hebung der kriegerischen Tüchtigkeit wirkt in unserer Stelle nach,
ziemlich unorganisch, da es hier doch nur auf die geistigen Leistun-
gen der durch die dünne attische Luft verfeinerten attischen
Seele ankommt. Tapfer waren doch auch die im δύσκρατον wohnen-
den Scvthen und Äthiopen, die ίτητικοί καί Αρασείς heißen,
was freilich weniger besagen will als στρατηγικοί, aber immerhin
 
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