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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0021
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Platonismus und Mystik im Altertum.

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hadesartigen Höhle leben, können wir von Ideen nichts wissen,
von einem echten Lichtreich nichts ahnen; wer aber in die Tages-
helle der reinen Erkenntnis tritt, muß begreifen lernen, daß der
kontradiktorische Gegensatz (Tmema) von Draußen und Drinnen
zugleich das verbindende Verhältnis von Bild und Abbild ist
(Methexis), d. h. daß alles Sinnliche nur Schauspiel in der Höhle ‘ist’,
sofern es die wahre Natur der originalen Welt draußen nachahmt;
deshalb läßt uns Platon draußen wirkliche Wesen und Dinge sehen,
drinnen gauklerartige Gestalten* 1 mit ihren künstlichen Geräten.
Doch das Eidos-Eidolon-Verhältnis wird von Platon noch weiter
durchgeführt, nämlich sowohl innerhalb der Höhle wie auch außer-
halb wird es noch einmal gesetzt. Innerhalb bemerken wir zunächst
von uns selber, von unseren Mitmenschen, von den Gauklern
und ihren Geräten nur fragmentarische, verzerrte Schatten und
Echos (Eikasia); erst im zweiten Stadium (Aisthesis), nachdem
Bewußtsein und Erkenntnisorgan freigelegt und in Gang ge-
setzt sind, nehmen wir die Gegenstände und das sie kennt-
lich machende künstliche Feuer unmittelbar wahr. Und entspre-
chend draußen sieht unser gesenkter Blick (Dianoia) zunächst
nur Dinge und Wesen auf der Erde, Himmlisches lediglich -— zu
besserer Gewöhnung des Auges -— als Spiegelungen im Wasser;
erst wenn der Blick der Erkenntnis, nach Art des echt dialektischen
Sehens, nicht mehr nach unten, sondern in die Höhe gerichtet ist,
schaut er die Sterne, die Formen unwandelbaren Seins, an ihrem
überirdischen Ort in ihrer originalen Gestalt (Noesis). Diese vier
Stationen, sagt Platon, stehen zueinander im Verhältnis der Pro-
portion a : b = c : d. Was die bare Sinnesempfindung perzipiert
(man kann etwa denken2 an die Erde des Sinnenscheins als Fläche),

gerade unsere cpuau; erfordert (vgl. 515 c ei cpüast, xoiaSs Eup-ßalvoi auxot?)
die Lösung und Heilung, falls wir die yuaic, eines Philosophen haben.
1 So muß 514 b verstanden werden. Wir müssen uns die Höhle von
ungeheurer Größe vorstellen, die etoxvco 686q als Landstraße, auf der zu
gewissen Zeiten eine Schauspielertruppe in bestimmter Reihenfolge ein-
herzieht. Die Gefesselten vermögen nichts anderes, als Koexistenz und
Sukzession der Schattenfragmente des Gauklerzuges aufzufassen. Darauf
beruht 516 C d: öaa xe xpoxepa aüxöv xal uaxspa sico-üsi xal aga xopeueaDat.
Hier liegt die Grenze aller Eikasia, und auf so etwas beruhen die Lei-
stungen, die bei den Sinnenmenschen Gegenstand besonderer Ehrungen
sind: xcgal xal etoxivoi xal yspa.
2 Ich wähle zunächst nur ein Beispiel von optischem Phänomen.
Inwiefern es Platon noch mehr aufs Akustische, auf den mit den Wör-
2 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1934/35. 2. Abh.
 
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