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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0115
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Platonismus und Mystik im Altertum.

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vornehmlich in Einer Stadt, dem neugegründeten Alexandrien, den
Mittelpunkt seines weiten Wirkungskreises fand, so war es vor
und neben allen anderen Richtungen Eine, die der Neupythagoreer1,
welche die philosophische Konsequenz aus der geistigen Situation
der Zeit zog und zwar in der für weite geschichtliche Folge maß-
gebenden Weise: Sollen Philosophie und Mysterium im Grunde
Eines sein; soll es 'Platonische Mysterien’ geben2, so muß die
Philosophie, auch für das Jenseits, durch Schaffung von Begriffen
das Korrelat dessen liefern können, was die religiöse Anschauung
als Bedürfnis anmeldet oder als Vision kündet. Diese religiöse
Metaphysik, welche keinen Unterschied kennt zwischen Mythos
und Logos, zwischen religiösem Symbol und dialektischem Begriff,
kurz zwischen Psychischem und Noetischem, sondern von Hyposta-
sierungen lebt, ist die Heimat des scholastischen Begriffsrealismus.
Es war derselbe Jamblichus, der von Aristoteles die dynamisierte
Trias, von den Pythagoreern die lypostasierte Trias der dämoni-
sierten Weltgliederung3 übernahm und Beides vereint dem Christen-
tum vererbte, als dies begann, das Trinitätsdogma philosophischer
Spekulation zu unterwerfen.
Von einer besonderen Verantwortlichkeit des Aristoteles und des
Xenokrates für die Verdichtung und Verwurzelung des trinitari-
schen Prinzips in der Metaphysik sprechen, soll nicht bedeuten,
daß andere mitwirkende Faktoren übersehen werden. Wenn in das
Urwesen Anfang, Mitte und Ende des Seins verlegt werden, so
fand die Philosophie diesen allgemein menschlichen Gedanken4
1 Diesen Sachverhalt hat, soviel ich weiß, nur einer gesehen, aber in
voller Klarheit: Dilthey, in dessen Biographisch-literarischem Grundriß der
allgemeinen Geschichte der Philosophie 6. Aufl. S. 64ff. alles Grundsätzliche
über die methodengeschichtliche Bedeutung der Neupythagoreer gesagt ist.
2 Im Sinne etwa des Mannes, der bei Plutarch De def. or. 422c sagt,
daß unsere besten Mysterien (xzketüv tcz<; aplavac,) nur ein Traum von Beschau-
ung und Einweihung seien, daher das Philosophieren (91X00090 igüoci), wenn
es nicht vergeblich sein solle, die Erinnerung an jene Güter zum Zwecke
haben müsse.
3 Ausführliche Stellenangabe bei Zeller III, 24, S. 744ff.
4 Vgl. Kant, Religion innerh. d. Grenzen der bloßen Vernunft, 3. St.
Allg. Anm. IV, 161 ff.: Der Glaube an die Dreieinigkeit biete sich aller mensch-
lichen Vernunft von selbst dar und werde daher in der Religion der meisten
gesitteten Völker angetroffen; denn der allgemeine wahre Religionsglaube sei
der Glaube an Gott als Gesetzgeber, Regierer und Richter. Die in dieser Drei-
heit ausgesprochene Allmacht des Schöpfers, Güte des Erhalters und Gerech-
tigkeit des Verwalters sei ein Bedürfnis der praktischen Vernunft a priori.
 
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