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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0128
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Ernst Hoffmann:

Es war mit dem auf allen Gebieten der hellenischen
Literatur beherrschenden Grundsätze der Formbewahrung ge-
geben, daß auch der philosophische Hymnus in Gliederung
und Versmaß, in Anrede und Bittgebet, in Danksagung und
im Ausdrucke der Gottverbundenheit des Sängers viel Typi-
sches bewahrte, was aus der langen und reichen Geschichte
der hellenischen Hymnendichtung stammte: vom ursprünglichen
Beschwörungsspruche und dem Preise göttlicher Heldentaten an,
über das, was die homerischen Hymnen, die Dithyramben und
Päane, die Prosodien und Proömien entwickelt hatten, und was
in der elegischen und chorischen Lyrik unter bestimmender Mit-
wirkung der Musik seit langem einen klassischen Charakter ange-
nommen hatte* 1. Wenn in hellenistischer Zeit neben die geringer
werdende kultische Verwendung der Hymnen immer stärker der
rein literarische Gebrauch zu deklamatorischen Zwecken trat, so
hing auch diese Wendung zusammen mit der Eigenart des philo-
sophisch-religiösen Bewußtseins der Epoche, mit jener undogmati-
schen Frömmigkeit, für welche sowohl der Gottesdienst wie die
Göttergeschichten nicht mehr positive, sondern nur noch symboli-
sche Bedeutung besaßen. Je mehr die religiösen Bedürfnisse ihre
Befriedigung in philosophischen Einsichten suchten, umso mehr lag
es der philosophischen Spekulation nahe, literarisch den Anschluß
an religiöse Ausdrucksformen2 zu erstreben. Es kam hinzu, daß

luminis, Diem dies illuminans, das schon Beda kannte. Vgl. J. F. H. Schlos-
ser, Die Kirche in ihren Liedern, Freib. i. B. 1863, I, S. 7 und S. 411.
1 Vgl. den Artikel Hymnos von Wünsch, RE. 17. Halbb., Sp. 140—183.
Dazu J. Kroll, Die Ilymnendichtung des frühen Christentums, Antike II,
1926, S. 258—281. Über den Zusammenhang zwischen Philosophie und Musik
in der Spätantike s. R. Sciiäfke, Geschichte der Musikästhetik in Umrissen,
Berlin 1934, Kap. V: Der musikalische Mystizismus, S. 174—190.
2 Über den Zusammenhang von literarischer Kunstform und philosophi-
schem Gehalte im Altertum wird alles Wesentliche, was wir bisher wissen, den
Schriften E. Nordens verdankt, namentlich für die späte und die christliche
Antike. Außer auf seine großen Werke über die Antike Kunstprosa und den
Agnostos Theos ist hier zu verweisen auf die bereits herangezogene Rektorats-
rede ‘Logos und Rhythmus’, Berlin 1928, und die Akademierede ‘Antike Men-
schen im Ringen um ihre Berufsbestimmung’, Berlin 1932. Unter die Gesichts-
punkte der philosophischen Ästhetik ist das allgemeine Problem besonders von
F. Medicus gerückt, der es in mehreren seiner unter dem Titel ‘Grundfragen
der Ästhetik’ zusammengefaßten Vorträge und Abhandlungen, Jena 1917, in
der Tiefe berührt. M. Frischeisen-Köhler, Kant-Studien XXI, 1917,
S. 93—130, ‘Philosophie und Dichtung’, behandelt das Problem ebenfalls von
 
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