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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0144
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Ern st Hoffmann :

prinzips ist alles Geschehen vollkommen. Das Böse folgt weder aus
dem Ur-Einen noch aus einem Gegenprinzip, sondern allein aus der
Beschränkung der Kräfte im Prozesse selber1.
Das System des Proklos will als ev-Spekulation Philosophie des
Werdens geben unter dem Gesichtspunkte, daß das Urwesen und
das Weltgeschehen aufeinander beziehbar sind. Denn zwischen der
Supertranszendenz des Einen und dem raum-zeitlichen Geschehen
des kosmisch Vielen steht begrifflich die Trias von pLovvj, TrpooSo^,
£7uaTpo<pY): ln ihr wird einerseits das Supertranszendente existent,
es tritt als Selbstoffenbarung aus seiner Überbegrifflichkeit hervor
und wird unterscheidbare Funktion; und diese Funktion wird zu-
gleich andererseits zur Kausalformel für die Welt; denn das ‘Her-
vorgehende’ und ‘Zurückkehrende’ ist das Verursachte; ‘woraus’
es aber hervorgeht und ‘wohin’ es zurückkehrt, ist die Ursache sel-
ber. Durch diesen Grundgedanken des Proklos ist (auf eine in histo-
rischem Betracht unvergleichbar wirksam gewordene Weise) das
Problem der ‘Dialektik’ neu gestellt. Jenes Eine, dem das mysti-
sche Sehnen um Einung letztlich gilt, bleibt dem begrifflichen Be-
mühen mit Entschiedenheit entzogen: Es hat in unbegreiflicher
Weise2 sowohl Unendlichkeit wie Grenze in sich selber3. Und den-
1 Denn das Höhere zwar teilt sich dem Niederen mit, das Niedere aber
vermag nicht, alle Kräfte des Höheren sich anzueignen. So haben auch die
Götter alles gleichermaßen gegenwärtig; aber die Umkehrung gilt nicht, daß
Alles die Götter gleichermaßen gegenwärtig habe. S. das Nähere bei Zeller
III, 24 S. 849. Über die Herkunft der Materie aus der Unbegrenztheit, über die
Stellung der ‘Natur’ zwischen Weltseele und Körperlichkeit, über den Raum
als immateriellen Lichtkörper s. Zeller S. 871 f.
2 Instit. Theol. 85 entwickelt den Überbegriff des t£> Övu öbtsipov im
Gegensätze zu dem, was nur xoctoc tö tD^D-oc;, xoctoc tö gsy^'Oi;, xoctoc T7)v Sövocgcv
unendlich ist. Instit. Theol. 89 bringt das Komplement: tö yocp hoc, peTocayöv
TCTuspaaTai.
3 In welchem Sinne die ‘Unendlichkeit’ bei Proklos ein Prädikat Gottes
ist, geht nur aus der Durchführung des Systems selber hervor. Den ersten An-
schluß an den absoluten Gott bilden die absoluten ‘Einheiten’ in ihrer vollkom-
menen Göttlichkeit (sie haben nicht nur absolutes Sein, sondern auch absolute
Erkenntnis: sie erkennen in ungeteilter, zeitloser, notwendigerweise auch das
Geteilte, Zeitliche und Zufällige. S. Zeller III, 24 S. 857 Belege Anm. 1). Den
nächsten Anschluß aber an die absoluten Einheiten bildet der Bereich des In-
telligiblen (votjtov). Dieser hat wiederum triadische Struktur: a) Das Intelli-
gible im engeren Sinne, b) das intelligibel-Intellektuelle (vot]töv aga xai voepov),
c) das Intellektuelle. Es wäre irrig zu meinen, daß Proklos hier aus der
Subjekt-Objekt-Dualität einfach gewaltsam eine Trias mache; sein Gedanke
ist vielmehr folgender: Die drei Glieder der neuen Trias verhalten sich zu ein-
 
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