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Ernst Hoffmann:
liehe dialektische Einschlag angegeben, den alle weitere Mystik, die
von Proklös ausging, fortan bewahren mußte. Es kann einem Zwei-
fel nicht unterliegen, daß in den überseienden Einheiten des Proklos
ein wesentliches Moment Platonischer Ideendialektik wiedergewon-
nen ist: Einheit als reiner Vernunftbegrifi, notwendiger Pluralis-
mus der Einheiten in über-rationaler Sphäre, vielheitliche Einheit
als dialektische Korrelation des absolut-Einen. Dies war die Lehr-
form, in der das Christentum das Vernunftproblem aus der Hand
des Proklos empfing.
Von den zahlreichen Hymnen1 des Proklos sind nur sehr wenige
erhalten, leider kein einziger auf orientalische Gottheiten. An den
erhaltenen sehen wir, wie Proklos seine Dichtung aus dem Stoffe
des alten Erbgutes formte, das die Tradition von den homerischen
und orphischen Hymnen an mit den Götternamen derVolksreligion,
ihm darbot. Aber sollten diese Namen zu neuem Sinne erweckt
werden, so mußten sie allegorisch für die neuplatonischen Prinzi-
pien stehen. So betet der 7. Hymnus zu Athena, der Tochter des
Zeus, als der göttlichen Emanation des Supertranszendenten.
Aphrodite im 2. Hymnus ist die Leben spendende Kraft des gött-
lichen Prinzips. Helios im 1. Hymnus ist das unmittelbare Abbild
und somit zugleich der Schlüssel zum Verständnis des Allerzeugers.
Die Musen im 3. Hymnus sind die Führerinnen der Seele, die sie
von Unsal und irdischer Befleckung zur reinen Heimat leiten. Im-
mer gelten die Gebete dem Erlangen von Läuterung und Vergebung.
Proklos betet im Stil des Bekenntnisses zur Religion seiner Vorväter,
aber in einem Bewußtsein, das das seiner eigenen Epoche ist. Denn
die Erhebung, die er erfleht, ist nicht nur befreiender Aufstieg der
philosophischen Seele zur Schau der wahren Schönheit, sondern
auch Erlösung von der Erbsünde2, deren Last schuldhaft vermehrt
1 Eudociae, Procli, Claudiani carm. Graecor. reliquiae rec. A. Ludwich,
Leipz. 1897, S. 115ff. — Orphica rec. Abel, Leipz. 1885, S. 276ff. In Cou-
sins Ausgabe der Procli opera inedita, Paris 1864 p. 1315—1323.
2 Im ugvop xotvo? auf Hekate als die Mutter und auf Janus, der mit
Zeus gleicligesetzt wird (6), Y. 4ff.
teu^ete 8’aiY}o)£aaav sgou ßioxoio 7Tope[7]v
ßpiüogevTjv äyaüoTai, xaxoep S’dbrEkocüvETE voüaoug
sx psö-Ecov, du)(7]V 8e Trepl ^Aov'i gapyedvouaoev
elxer’'eyepatvooiai xa-9-7)pa[iiv7]v teZett)ai.
VOLL, \lXO[lOLL, SoTE yßipCC, -ö-EOCppaSEap T£ XEkEU-ö-OUi;
Sel^octe [Jlol yocTEOVTi. <paop S’spmjjiov aApyjaw,
xuaveTjp oüev send epuysTv xocxottjtoc yEVE-9'A’/jp.
Ernst Hoffmann:
liehe dialektische Einschlag angegeben, den alle weitere Mystik, die
von Proklös ausging, fortan bewahren mußte. Es kann einem Zwei-
fel nicht unterliegen, daß in den überseienden Einheiten des Proklos
ein wesentliches Moment Platonischer Ideendialektik wiedergewon-
nen ist: Einheit als reiner Vernunftbegrifi, notwendiger Pluralis-
mus der Einheiten in über-rationaler Sphäre, vielheitliche Einheit
als dialektische Korrelation des absolut-Einen. Dies war die Lehr-
form, in der das Christentum das Vernunftproblem aus der Hand
des Proklos empfing.
Von den zahlreichen Hymnen1 des Proklos sind nur sehr wenige
erhalten, leider kein einziger auf orientalische Gottheiten. An den
erhaltenen sehen wir, wie Proklos seine Dichtung aus dem Stoffe
des alten Erbgutes formte, das die Tradition von den homerischen
und orphischen Hymnen an mit den Götternamen derVolksreligion,
ihm darbot. Aber sollten diese Namen zu neuem Sinne erweckt
werden, so mußten sie allegorisch für die neuplatonischen Prinzi-
pien stehen. So betet der 7. Hymnus zu Athena, der Tochter des
Zeus, als der göttlichen Emanation des Supertranszendenten.
Aphrodite im 2. Hymnus ist die Leben spendende Kraft des gött-
lichen Prinzips. Helios im 1. Hymnus ist das unmittelbare Abbild
und somit zugleich der Schlüssel zum Verständnis des Allerzeugers.
Die Musen im 3. Hymnus sind die Führerinnen der Seele, die sie
von Unsal und irdischer Befleckung zur reinen Heimat leiten. Im-
mer gelten die Gebete dem Erlangen von Läuterung und Vergebung.
Proklos betet im Stil des Bekenntnisses zur Religion seiner Vorväter,
aber in einem Bewußtsein, das das seiner eigenen Epoche ist. Denn
die Erhebung, die er erfleht, ist nicht nur befreiender Aufstieg der
philosophischen Seele zur Schau der wahren Schönheit, sondern
auch Erlösung von der Erbsünde2, deren Last schuldhaft vermehrt
1 Eudociae, Procli, Claudiani carm. Graecor. reliquiae rec. A. Ludwich,
Leipz. 1897, S. 115ff. — Orphica rec. Abel, Leipz. 1885, S. 276ff. In Cou-
sins Ausgabe der Procli opera inedita, Paris 1864 p. 1315—1323.
2 Im ugvop xotvo? auf Hekate als die Mutter und auf Janus, der mit
Zeus gleicligesetzt wird (6), Y. 4ff.
teu^ete 8’aiY}o)£aaav sgou ßioxoio 7Tope[7]v
ßpiüogevTjv äyaüoTai, xaxoep S’dbrEkocüvETE voüaoug
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elxer’'eyepatvooiai xa-9-7)pa[iiv7]v teZett)ai.
VOLL, \lXO[lOLL, SoTE yßipCC, -ö-EOCppaSEap T£ XEkEU-ö-OUi;
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