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206

J. Koch und H. Teske Gusanus-Texte: I. Predigten, 6.

Feder des Dominikaners stammt. A. Landgraf machte in einer
Besprechung meiner Abhandlung über die Eckhart-Predigten des
Cusanus1 auf die Hs. R 1 (Nr. 136) der Seminarbibliothek von
Brixen aufmerksam, die nach seiner Angabe ebenfalls die Predigten
des Aldobrandinus enthält. Wenn seine Vermutung richtig ist,
daß die Hs. aus dem Besitz des Kardinals stammt, dann wird man
ja wohl in ihr den ganzen Text unschwer identifizieren können.
In n. 6—10 (S. 126f.) zitiert Cusanus den Aquinaten. Wahr-
scheinlich hat er aber außer ihm noch eine andere Quelle benutzt;
so dürften wohl die aphoristischen Sätze über das Gebet in n. 7
einem Florilegium entnommen sein.
Erst mit n. 11 sind wir wiederum sicher, Cusanus selbst zu
hören. Was hier aber auffällt, ist die Form der Vaterunser-Aus-
legung in kurzen Fragen und Antworten. Etwas Ähnliches findet
sich sonst nicht in seinen Predigten, so daß die Frage nahe liegt:
wie kommt er zu dieser katechetischen Form ? In der Cueser Hs. 17
steht eine Vaterunser-Auslegung in Dialogform, die vielleicht den
als Biographen der avignonesischen Päpste bekannten Peter von
Herentals zum Verfasser hat. Die Art der Fragen und Antworten
weicht aber so weit von der des Cusanus ab, daß er von hier aus
wohl nicht die Anregung erhalten hat2.
Auf eine andere Möglichkeit wurde ich durch Breslauer Hss.
aufmerksam. Drei Hss. unserer Universitätsbibliothek enthalten
eine Vaterunser-Auslegung in Fragen und Antworten, die in einer
von ihnen ausdrücklich Nicolaus V., dem persönlichen Freund
und Gönner des Kardinals, zugeschrieben ist3. I. F. 157, f. 293ra
bis 2 4vb:
Incipit exposilio Orationis Dominicae edita a Nicolao papa Vt0. Partes
Orationis Dominicae quot sunt? Novem .... Oratio Dominica concluditur,
cum dicitur Amen, id est fiat. Geschrieben 1. 8. 1461.

1 Philos. Jahrbuch 51 (1938), S. 391.
2 Außer dieser Vaterunser-Auslegung und der Cyprians finden sich in
der Bibliothek des Cusanus noch folgende: Meister Eckhart (Hs. 21 und 125);
Petrus de Alliaco (Hs. 56) und zwei Anonymi (Fis. 258). Keine dieser
Auslegungen hat m. E. für Cusanus eine besondere Bedeutung gehabt.
Über die Anregung, die er der Auslegung des Thomas (S. theol. II II q. 83
a. 9 [Hs. 70]) zu verdanken scheint, vgl. weiter unten S. 210.
3 Dieser Zuteilung muß man sehr skeptisch gegenüberstehen, da sonst
nichts von einer schriftstellerischen Betätigung dieses Papstes bekannt ist.
 
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