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Nikolaus [Hrsg.]; Koch, Josef [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 4. Abhandlung): Die Auslegung des Vaterunsers in vier Predigten — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.41999#0269
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Drittes Kapitel: Erläuterungen. §6.

269

den Parallelen zwischen den Zeilen 3, 5 und 9. Wie im Sohn als
der absoluten aequalitas ungelich glich ist, so sind im Vater vijl in
eyme vereyniget, d. h. die Gegensätze von viel und eins fallen in
der absoluten unitas zusammen; und so sind im Hl. Geist alle
cleilung vnd junderung vereiniget, womit das Prinzip der Coninci-
denz nochmals kräftig betont wird.
3. Die Beziehung des Absoluten zum Kontrakten.
Alle Aussagen, die wir hierüber finden, gruppieren sich um die
Termini wejen, anbegynn vnd oerjprung — wjfflus — wyderflos —
ende.
a) Wejen: 32, 2; 34, 7; 46, 19; 48, 1; 50, 16; 60, 2; 66, 2;
84, 21. M. Geist übersetzt das Wort mit esse, 34, 7 und 66, 2
mit essentia. Die entscheidende Stelle für das Verständnis des
Wortes ist die erste: jint der vater ijt, jo ijt er das wejen aller dinge1.
Want alle dynck von yme vnd yn yme jyn. Vnd aljo is got alles
das da ijt in eym iclichen das da ijt. Ergänzend kommt 34, 6f. hin-
zu: got der vater ijt das wejen aller ding vnd is in ytlichen aljo das
in allen vnd in keym bejonder. Man sieht zunächst, daß wejen hier
genau in demselben Sinn wie 32, 1 gebraucht wird, daß also Geist
mit dem Wechsel des Ausdrucks irrt. Man sieht weiter, welche
Funktion der Terminus hat: er drückt die Seinsbeziehung des
Kontrakten zum Absoluten aus. Die beste Formulierung finden
wir 30, 15 ff.: Dar vmb jo jint wir alle, wie vijl unjer fie, von eyme
vnd jyn wir nichtz von vns; vnd was wir jyn, das jyn wir in dem
vater, aen welchen wir nicht jyn mögen. Die Welt des Kontrakten
hat also ihr Sein nur von und in dem Absoluten. Diese Deutung
läßt sich mit lateinischen Parallelen bekräftigen. Zunächst sei hin-
gewiesen auf 14, 9—11: suprema et perjectissima natura . . . non
habet esse nisi ab esse uno quod in ipsa est. Dazu vergleiche man
14, 6f.: unitas (est) in se absolute et in pluralitate est omne id quod
est pluralitas (vgl. 32, 4*). In DI kommt Cusanus wiederholt auf
diesen für ihn grundlegenden Gedanken zu sprechen. Z. B. I c. 8:
Deus namque ipsa est rerum entitas; forma enim essendi est,
quare et entitas (17, 7). II c. 4: (Deus) est entitas et quidditas
1 Nur nebenbei sei darauf hingewiesen, daß Cusanus das Wort ding
durchweg zur Bezeichnung der Gesamtheit des Kontrakten im Gegensatz
zum Absoluten verwendet; man vergleiche die Belege im zweiten Wortver-
zeichnis unter dinc. Die einzigen Ausnahmen 44, 13 u. 20 lassen sich aus dem
Zusammenhang begreifen.
 
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