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E. Wahle:
sie binnen verhältnismäßig kurzer Zeit den Markt beherrscht, von
dem die Erzeugnisse hallstättischer Art verschwinden. Die Stel-
lung der Fürsten und der Künstler ist innerhalb desjenigen Raumes,
in dem sich der La-Tene-Stil entwickelt, bereits in der H allst att-
Zeit vorgezeichnet. Freilich muß es noch dahingestellt bleiben, ob
die hallstättischen Wehranlagen ohne weiteres mit dem oppidum
des La-Tene-Kreises verglichen werden dürfen. Deutlich aber hebt
sich aus der Menge der Grabfunde der ebenso stattliche wie reich
mit Beigaben versehene Fürstenhügel heraus. Und genau so wie
in dem Falle der la-tene-zeitlichen Fürstengräber begegnen hier die
südlichen Einfuhrgüter neben den Goldarbeiten der einheimischen
Künstler. Es fällt also auf, daß sich der Kunststil plötzlich grund-
legend ändert. Auch der Hallstatt-Stil beruht ja in gewissem Um-
fang auf Anregungen, die von Süden her über die Alpen kommen.
Aber weshalb schlägt denn die Entwicklung mit dem La-Tene-Stil
unvermittelt eine ganz neue Richtung ein ? Kommt nicht hier noch
eine besondere Kraft zur Geltung ?
Der Hallstatt-Stil gehört in den großen Kreis der Kunstübungen
von „bäuerlich geometrischer“ Art, der mit dem Neolithikum ein-
setzt und sich abseits der städtischen Zivilisation bis in unsere Tage
hinein gehalten hat. Wenn im Gegensatz hierzu der La-Tene-Stil
mit dem freien Ornament des „Bogenschnörkels“ arbeitet und in
gewissem Umfang auch figürliche Vorwürfe meistert, so kenn-
zeichnet dies die Größe des Unterschiedes beider; aber seine ganze
Tiefe wird damit doch noch nicht ausgeschöpft. Man kann dem
Unterschied zwischen Hallstatt und La-Tene auch als einen sol-
chen der Solidität verstehen; nicht nur die äußere Form des
materiellen Besitzes ist anders, sondern auch der Gehalt.
Die hallstättischen Erzeugnisse haben für uns leicht etwas Auf-
dringliches: nur zu gerne suchen sie eine Eleganz vorzutäuschen,
die bei näherer Betrachtung sofort in Äußerlichkeiten zerrinnt. Es
wird mit der Größe der bronzenen Gürtelbleche geprunkt, doch
sind diese aus papierdünnem Blech gearbeitet. Überhaupt läßt man
recht viel Metall blinken, und geht doch anderseits mit ihm außer-
ordentlich sparsam um. Armschmuck, der schwer und massiv ge-
arbeitet scheint, ist über einem Kern von gebranntem Ton gear-
beitet. Unschöne Häufungen von Metallsachen, Klapperbleche und
anderer Tand begegnen in den Körpergräbern. Zumeist handelt es
sich um eine Massenware, die in ewiger Wiederholung einige wenige
Grundelemente an Formen und Ornamenten erschöpft. Im Gegen-
E. Wahle:
sie binnen verhältnismäßig kurzer Zeit den Markt beherrscht, von
dem die Erzeugnisse hallstättischer Art verschwinden. Die Stel-
lung der Fürsten und der Künstler ist innerhalb desjenigen Raumes,
in dem sich der La-Tene-Stil entwickelt, bereits in der H allst att-
Zeit vorgezeichnet. Freilich muß es noch dahingestellt bleiben, ob
die hallstättischen Wehranlagen ohne weiteres mit dem oppidum
des La-Tene-Kreises verglichen werden dürfen. Deutlich aber hebt
sich aus der Menge der Grabfunde der ebenso stattliche wie reich
mit Beigaben versehene Fürstenhügel heraus. Und genau so wie
in dem Falle der la-tene-zeitlichen Fürstengräber begegnen hier die
südlichen Einfuhrgüter neben den Goldarbeiten der einheimischen
Künstler. Es fällt also auf, daß sich der Kunststil plötzlich grund-
legend ändert. Auch der Hallstatt-Stil beruht ja in gewissem Um-
fang auf Anregungen, die von Süden her über die Alpen kommen.
Aber weshalb schlägt denn die Entwicklung mit dem La-Tene-Stil
unvermittelt eine ganz neue Richtung ein ? Kommt nicht hier noch
eine besondere Kraft zur Geltung ?
Der Hallstatt-Stil gehört in den großen Kreis der Kunstübungen
von „bäuerlich geometrischer“ Art, der mit dem Neolithikum ein-
setzt und sich abseits der städtischen Zivilisation bis in unsere Tage
hinein gehalten hat. Wenn im Gegensatz hierzu der La-Tene-Stil
mit dem freien Ornament des „Bogenschnörkels“ arbeitet und in
gewissem Umfang auch figürliche Vorwürfe meistert, so kenn-
zeichnet dies die Größe des Unterschiedes beider; aber seine ganze
Tiefe wird damit doch noch nicht ausgeschöpft. Man kann dem
Unterschied zwischen Hallstatt und La-Tene auch als einen sol-
chen der Solidität verstehen; nicht nur die äußere Form des
materiellen Besitzes ist anders, sondern auch der Gehalt.
Die hallstättischen Erzeugnisse haben für uns leicht etwas Auf-
dringliches: nur zu gerne suchen sie eine Eleganz vorzutäuschen,
die bei näherer Betrachtung sofort in Äußerlichkeiten zerrinnt. Es
wird mit der Größe der bronzenen Gürtelbleche geprunkt, doch
sind diese aus papierdünnem Blech gearbeitet. Überhaupt läßt man
recht viel Metall blinken, und geht doch anderseits mit ihm außer-
ordentlich sparsam um. Armschmuck, der schwer und massiv ge-
arbeitet scheint, ist über einem Kern von gebranntem Ton gear-
beitet. Unschöne Häufungen von Metallsachen, Klapperbleche und
anderer Tand begegnen in den Körpergräbern. Zumeist handelt es
sich um eine Massenware, die in ewiger Wiederholung einige wenige
Grundelemente an Formen und Ornamenten erschöpft. Im Gegen-