Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen 14-r>
von Funktionen, Anpassungen, Auslese zufälliger Varietäten usf.,
nicht ein Zufallsergebnis aus der Einpassung und Anpassung an die
Umwelt; die organische Gestalt ist vielmehr das Werk der schöp-
ferischen Wirklichkeit Leben, aber wiederum nicht zufällige Häu-
fung von Mutationen, sondern das Ergebnis einer Auseinander-
setzung mit der Umwelt, indem unter Ausnutzung der Notwendig-
keit zur Umweltanpassung, welche nicht Triebkraft und Ziel, son-
dern Mittel zum Zweck ist, immer weitere Umweltbereiche in den
Organismus eingegliedert und beherrscht werden. Die Gestalt hat
somit den Primat vor der Funktion“1.
Die Feststellung der archäologischen Klüfte und ihre Deutung
als Zeitabschnitte eigentlich Iruchtbarer Entwicklung, die Ermitte-
lung also einer rhythmischen Bewegung des geschichtlichen Ab-
laufes auch in seinem prähistorischen Bereich hat nun aber nicht
die Aufgabe, an die Stelle des alten mechanistischen Prinzipes der
langsamen Veränderung ein neues zu setzen, welches sich damit
begnügt, das ganze frühgeschichtliche Werden lediglich als eine
Kette von „Explosionen“ und zwischen ihnen liegenden Perioden
der „orthogenetischen Umkonstruktion“ aufzufassen. Darwin hat
die grundlegende Tatsache erkannt, daß die Eigengestalt jedes
Individuums auf die Bewährung im Kampf um das Dasein abzielt;
seitdem ist das Wissen um die Konstanz des Erbgutes hinzu-
gekommen, und es gilt, dieses Bild auch für den vorliegenden Zu-
sammenhang zu nutzen. Das Vorhandensein überindividualer Ein-
heiten, nämlich der Menschenrassen, zwingt uns dazu, in dem skiz-
zierten Rhythmus der geschichtlichen Entwicklung einen Kampf
um das Dasein zu sehen, welcher der Autonomie der menschlichen
Gemeinschaften, der Rassen, Völker und Kulturprovinzen ent-
springt. Ganz einerlei ob uns Heutigen die Deutung dieses Kampfes
gelingt, ob wir überall die Lebenskraft abwägen können und die
geschichtliche Konstellation richtig zu sehen vermögen — die Frage-
stellung ist jedenfalls gegeben, und sie muß um so mehr betont
werden als es gilt, auf ihrem Wege die Prähistorie aus den mecha-
nistischen Fesseln zu lösen. Schon der erste bescheidene Hinweis
auf die Dynamik, welcher sich aus dem Fundstoff ergab, wider-
legte die Berechtigung des mechanistischen Denkens und wies be-
reits in die Richtung einer lebensgeschichtlichen Auffassung. In-
dem aber die Lebenskraft jeweils ein Ergebnis von Rasse und
1 K. Beurlen, in einem Aufsatz über das Gestaltproblem in der organi-
schen Natur, Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft 1936, 4561'.
10 Sitzungsbericht d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940/41. 2. Abh.
von Funktionen, Anpassungen, Auslese zufälliger Varietäten usf.,
nicht ein Zufallsergebnis aus der Einpassung und Anpassung an die
Umwelt; die organische Gestalt ist vielmehr das Werk der schöp-
ferischen Wirklichkeit Leben, aber wiederum nicht zufällige Häu-
fung von Mutationen, sondern das Ergebnis einer Auseinander-
setzung mit der Umwelt, indem unter Ausnutzung der Notwendig-
keit zur Umweltanpassung, welche nicht Triebkraft und Ziel, son-
dern Mittel zum Zweck ist, immer weitere Umweltbereiche in den
Organismus eingegliedert und beherrscht werden. Die Gestalt hat
somit den Primat vor der Funktion“1.
Die Feststellung der archäologischen Klüfte und ihre Deutung
als Zeitabschnitte eigentlich Iruchtbarer Entwicklung, die Ermitte-
lung also einer rhythmischen Bewegung des geschichtlichen Ab-
laufes auch in seinem prähistorischen Bereich hat nun aber nicht
die Aufgabe, an die Stelle des alten mechanistischen Prinzipes der
langsamen Veränderung ein neues zu setzen, welches sich damit
begnügt, das ganze frühgeschichtliche Werden lediglich als eine
Kette von „Explosionen“ und zwischen ihnen liegenden Perioden
der „orthogenetischen Umkonstruktion“ aufzufassen. Darwin hat
die grundlegende Tatsache erkannt, daß die Eigengestalt jedes
Individuums auf die Bewährung im Kampf um das Dasein abzielt;
seitdem ist das Wissen um die Konstanz des Erbgutes hinzu-
gekommen, und es gilt, dieses Bild auch für den vorliegenden Zu-
sammenhang zu nutzen. Das Vorhandensein überindividualer Ein-
heiten, nämlich der Menschenrassen, zwingt uns dazu, in dem skiz-
zierten Rhythmus der geschichtlichen Entwicklung einen Kampf
um das Dasein zu sehen, welcher der Autonomie der menschlichen
Gemeinschaften, der Rassen, Völker und Kulturprovinzen ent-
springt. Ganz einerlei ob uns Heutigen die Deutung dieses Kampfes
gelingt, ob wir überall die Lebenskraft abwägen können und die
geschichtliche Konstellation richtig zu sehen vermögen — die Frage-
stellung ist jedenfalls gegeben, und sie muß um so mehr betont
werden als es gilt, auf ihrem Wege die Prähistorie aus den mecha-
nistischen Fesseln zu lösen. Schon der erste bescheidene Hinweis
auf die Dynamik, welcher sich aus dem Fundstoff ergab, wider-
legte die Berechtigung des mechanistischen Denkens und wies be-
reits in die Richtung einer lebensgeschichtlichen Auffassung. In-
dem aber die Lebenskraft jeweils ein Ergebnis von Rasse und
1 K. Beurlen, in einem Aufsatz über das Gestaltproblem in der organi-
schen Natur, Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft 1936, 4561'.
10 Sitzungsbericht d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940/41. 2. Abh.