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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 5. Abhandlung): Shakespeares Name und Herkunft — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42024#0050
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Johannes Hoops: Shakespeares Name und Herkunft

Wir sahen (S. 39), daß afrz. Taillefer, das als Beiname eines
Herzogs, eines Hochadeligen und eines Spielmanns und Jongleurs
belegt ist, kein Familienname, sondern ein Gattungsname war, der
verschiedenen tapfern Persönlichkeiten als Beiname zugelegt wurde.
Ähnlich müssen wir uns die Sache auch bei dem altfranzösischen
Grundwort von Shakespeare, Schüttespeer, Crollalanza denken, wenn
ein solches wirklich existierte. Daß ein solches Grundwort nicht
belegt ist, wäre bei einem Gattungsnamen dieser Art nicht so auf-
fällig wie bei einem angesehenen und verbreiteten Familiennamen,
weil jener Gattungsname jedenfalls den Charakter eines Spitz-
namens hatte und deshalb mehr dem Slang und der Vulgärsprache
als der Schriftsprache angehörte. <—
Aber wenn auch manches für die Annahme eines altfranzösi-
schen Spitznamen als gemeinsame Grundlage der drei Namen
spricht, so ist doch noch eine andre Erklärung für ihre überein-
stimmende Bildungsweise und Bedeutung möglich und in Erwä-
gung zu ziehen. Es ist keineswegs ausgeschlossen, daß wir von der
Zurückführung auf ein gemeinsames altfranzösisches Grundwort
überhaupt abzusehen haben, daß die drei Namen vielmehr in
der Blütezeit der imperativischen Spitznamen unabhängig von-
einander entstanden sind, da sie Benennungen für einen Men-
schentyp waren, der überall bekannt war. Für das Englische und
Deutsche spricht sogar vieles für diese unabhängige Entstehung.
Für das Italienische liegt mir kein Beweismaterial vor. Der italie-
nische Name Crollalanza ist, wie mir Prof. Peretti mitteilt, heute
besonders in Apulien verbreitet; die dortigen Familien sollen aber
aus Chiavenna (in den Alpen, nördlich vom Comersee) nach Apu-
lien eingewandert sein. Wenn dies zutrifft, so ist es vielleicht nicht
ausgeschlossen, daß wir es in Crollalanza mit einer Übersetzung
von dt. Schüttespeer oder mit der Übernahme eines unbelegten
frz. *crolle-lance zu tun haben.
Im Englischen kommt der Ausdruck 'den Speer schütteln’,
wie wir sahen, schon im Beowulf vor; auch in Lagamons Brut um
1165 ist von spere scaken die Rede (s. oben S. 21). Besonders
bemerkenswert aber ist, daß wir im Englischen schon vom
12. Jahrhundert an eine große Vorliebe für imperati-
vische Beinamen mit shake finden, lange bevor der Name
Shakespeare zuerst auftauclit; vgl. W. Sakespic 'schüttle den Speck’,
Dev. c. 1180; Boger Schakeloc 'schüttle die Locke’, Glouc. 1186—87;
Henry Shakeman 'schüttle den Mann’, Ess. 1220—21; Boger Sake-
 
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