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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0072
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Ernst A. Schmidt

Jahr 42 v. Chr. gemeint, d. h. es liegt ein Datum im Jahr 42 zugrunde,
weil Vergil in diesem Jahr, wenn auch erst am 15. Oktober, 28 Jahre
alt wurde. Diese Notiz beruht schwerlich auf Extrapolation, und zwar
nicht so sehr deswegen, weil das Datum nicht extrapoliert sein
könnte10, als wegen des Wortes «edidisse»: Asconius Pedianus hat eine
Herausgabe im Äuge, ein historisch sich dokumentierendes Ereignis des
gleichen Charakters wie in den anderen bisher betrachteten Fällen.
Versteht man das Jahr 42 als Herausgabe des Eklogenbuches, so hat
man damit nicht nur ein Konkurrenzdatum zu 35 v. Chr., sondern auch
eine eindeutig falsche Datierung. Was hat Asconius Pedianus gemeint?
Die nächstliegende und angesichts der Einheit der drei frühen Eklogen
2, 3 und 511 auch wahrscheinliche Annahme ist die, er habe die Be-
kanntmachung jener drei Stücke gemeint, womit wir dann ein Doku-
ment eben dafür sowie eine Bestätigung der üblichen Datierung jener
Gedichte, nämlich ihrer aus ihnen erschlossenen Priorität vor ecl. 9 und
1 hätten.
Dieses einzige externe Datum zur Frühzeit der Eklogendichtung ist
nun offenbar später in Ermanglung eines Enddatums voraufgegange-
ner Tätigkeit als Jahr des Beginns der Arbeit an den Bucolica ange-
sehen worden. Als Abschluß der Arbeit bzw. als Jahr der Herausgabe
der Eklogen ergibt die Addition der dreijährigen Arbeitsdauer (wieder
bei inklusiver Zählung) das Jahr 40 v. Chr. Dieses zweite Konkurrenz-
datum zu 35 v. Chr. ist nun nicht nur ein aus ecl. 4 zu extrapolierendes
Datum, sondern zugleich das Jahr der Entstehung des letzten Gedichts
des Mittelblocks bzw. des Schlußgedichts aus der ersten relativ ge-
schlossenen Arbeitsperiode an den Bucolica, in welcher die sieben
Eklogen 2, 3, 5, 9, 1, 6, 4 entstanden. Während die Behauptung der
Extrapolation aller Daten aus den Werken nicht nur das Jahr 35 als
Grenze zwischen Bucolica und Georgica nicht begründen kann, muß
sie auch angesichts des Jahres 40 versagen, eben weil dieses Jahr nicht
das späteste dem Eklogencorpus als ganzem zu entnehmende Datum
ist.
Daraus ergibt sich nun, daß die Notiz «Bucolica triennio perfecit»
nicht allein authentisch ist, sondern sich sogar ihre Entstehung datie-
ren läßt: sie liegt der Kenntnis der drei späten Eklogen voraus, stammt

10 Das ist nämlich, genau genommen, nicht der Fall: die Eklogen 9 und 1 hätten
einen antiken Philologen auf das Jahr 41 führen können, in dem Vergil bis zum
15. Okt. 28 Jahre alt war.
11 Vgl. o. S. 41 f. und den S. 42 mit Anm. 13 genannten Vortrag Georg Rohdes.
 
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