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Götze, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 2. Abhandlung): Castel del Monte: Gestalt, Herkunft u. Bedeutung; vorgetragen am 14. Jan. 1984 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47813#0040
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Heinz Götze

Für eine solche Deutung der Anweisungen des Kaisers aus
Gubbio sprechen noch weitere gute Gründe: Seit dem Altertum ist
das Abstecken der Grundlinien die bedeutendste Handlung bei
Baugründungen. Wir wissen aus einer ägyptischen Urkunde, daß
Thutmosis III. selbst die Meßschnur spannte und löste bei der
Zeremonie der Grundsteinlegung33. Wie sehr mußte Friedrich
II. gerade bei diesem einzigartigen Bauentwurf Wert auf die zu-
verlässige Ausführung der architektonisch bedeutsamen und damit
wohl auch für den ganzen Bau symbolischen Handlung legen, der
er möglicherweise später selbst beigewohnt hat! Erst die nötige
Planierung des Baugeländes erlaubte die sachgemäße und zu-
verlässige Aufschnürung, die für den gesamten Bau maßgebend
wurde34.
Die Konstruktionsstufen
Stufe A (Abb. 17): Festlegung der Grundorientierung des Bau-
werkes und Errichtung eines rechten Winkels zur Hauptachse als
Ausgangsfigur für die Konstruktion des Großquadrates I, II, III, IV
(siehe Stufe B).
Von altersher war die Festlegung der Grundrichtung eines Bau-
werkes die erste bedeutende feierliche Handlung. Insbesondere
bei Tempeln und offiziellen Gebäuden war die Orientierung der
Bauachse nach einer bestimmten Himmelsrichtung Teil des Bau-
planes selbst. Die Orientierung konnte durch den Schatten eines
Pfahles erfolgen zu tageszeitlich oder astronomisch bestimmter
Zeit. Sorgfältigste Planierung des Geländes war hierfür unbedingte
Voraussetzung. Es konnte aber auch an einem eingeschlagenen
Pflock ein Seil befestigt und in die durch astronomische Beobach-
tung - sei es der Sonne oder der Gestirne - bestimmte Richtung
gespannt werden. Auch hierfür war eine genaue Planierung des
Baugeländes erforderlich. Die hochangesehenen Seilspanner,
griechisch Harpedonapten genannt, gab es bereits im alten Ägyp-
ten35. Man nimmt an, daß sie auch kompliziertere geometrische
Verfahren kannten und beispielsweise wußten, mit Hilfe eines
durch Knoten in zwölf gleiche Abschnitte geteilten Seiles aufgrund
33 Petronotis, a.a.O. S. 24.
34 Petronotis, a.a.O. S. 18.
35 Cantor, a.a.O. S. 106.
 
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