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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 2. Abhandlung): Ovids poetische Menschenwelt: die Metamorphosen als Metapher und Symphonie ; vorgetragen am 3. Juni 1989 — Heidelberg: Winter, 1991

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https://doi.org/10.11588/diglit.48162#0041
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Ovids poetische Menschenwelt

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nachtstraum aufgriff? Und die Rede vom ,ewigen Wandel· verbindet die
Verwandlungen der Metamorphosen mit dem Prinzip des Pythagoras
nur vermöge der Ausnutzung ihrer Doppeldeutigkeit, indem ewiger
Wandel mit Blick auf die Metamorphosen nur (einmalige) Verwandlun-
gen von (verschiedenen) Wesen (menschlichen Individuen) von Anbe-
ginn bis heute bedeuten kann, als Formel für die pythagoreische Lehre
dagegen unaufhaltsame Veränderung aller Wesen und Unbeständigkeit
aller Formen meinen muß.
Meine Gegenposition sei kurz und vorläufig bezeichnet: 1. Der
Mensch der ovidischen Metamorphosen hat keine Geschichte. 2. Er ist
unveränderlich, nicht trotz, sondern wegen der Verwandlung. Das ist
nur scheinbar paradox und wird mit den Nachweisen und der Begrün-
dung als logisch, plausibel und klärend erscheinen.
Ich zitiere Ernst Zinn3: „In dem letzten Buche steht die didaktische
Offenbarung des Prinzips der Metamorphose als des allwaltenden Le-
bensprinzips in Natur und Menschenwelt; so gibt die Rede des Pythago-
ras dem Hörer den Schlüssel zum Ganzen in die Hand, dessen leitende
Idee auch in der künstlerischen Formung der sich unaufhörlich am Leser
vorüberwandelnden Figuren und Szenen unmittelbar zur Ausprägung
kommt.“ Ganz auf dieser Linie auch Buchheit4 5, wenn er von der „nur als
umfassende Deutung des Gesamtwerks zu verstehende(n) Belehrung
durch Pythagoras“ spricht. Bei Zinn ist wieder an anderer Stelle eine
leichte Distanzierung von dieser Position zu verspüren.'' Zwar kritisiert
er dort, daß man „auch heute noch vielfach leugnen möchte“, daß die
Pythagorasrede „für Auffassung und Verständnis des Ganzen maßge-
bend sein“ könne, aber er sagt doch selbst, die Erzählungen lebten nicht
aus einem philosophischen Hintersinn (υπόνοια), sondern eben aus der
dichterischen Gestaltung heraus. Weist nicht eben diese dichterische
Gestaltung der Verwandlungen die pythagoreische Welttheorie als
mögliches Erklärungsprinzip der Metamorphose ab?
Ähnlich wie Zinn in der vorsichtigeren Fassung, wenn auch entschie-
dener in der Trennung von Metamorphosen und Pythagorasrede äußer-
ten sich Brooks Otis und Walther Ludwig. Otis6: „Ovid’s attitude to-
ward myth is to be discovered in his treatment of myth, not elsewhere.
3 Zinn (1956), Weltgedicht, S. 20. - Gleichzeitig mit Zinn beiläufig identisches Urteil
(„storia universale“ und „l’eterna mutazione di tutte le cose“ als das philosophische Prin-
zip dieser Universalgeschichte) bei Mariotti (1957), Ovidio, S. 624.
4 Buchheit (1966), Mythos und Geschichte, S. 83.
5 Zinn (1958/67), Zweitausendjahrfeier, S. 25.
6 Otis (19702 = 19661), S. 302.
 
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