Metadaten

Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 2. Abhandlung): Ovids poetische Menschenwelt: die Metamorphosen als Metapher und Symphonie ; vorgetragen am 3. Juni 1989 — Heidelberg: Winter, 1991

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48162#0136
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
134

Ernst A. Schmidt

verknüpft ist.8 Die Glaucusapotheose hat ihrerseits ein weit vorausge-
stelltes Pendant, die Verwandlung und Erhöhung der Menschen Ino und
Melicertes in met. 4,531 ff. in die Götter Leucothoe und Palaemon.9
Beide Geschichten von Verwandlungen in Meergottheiten präfigurie-
ren auch das Wunder, wie die Schiffe des Aeneas gerettet und in Mee-
resnymphen verwandelt werden (met. 14,530-567; bes. v. 557: „Naides
aequoreae“; v. 566: „in Nymphas animata classe marinas“), eine Apo-
theose, die von der des Aeneas selbst nur durch 13 Verse getrennt ist.
Das Thema Apotheose hat sogar noch vor Inos Rettung und Erhö-
hung eingesetzt: zweimal wird eine Geliebte Jupiters zur Göttin erhöht.
Der Katasterismos der Callisto ist ihre Verwandlung in eine Göttin (met.
2,521: „facta est dea“). Und nochmals weiter vorn im Gedicht, ganz
beiläufig, erste Keimform des Themas, wird die Geschichte der Io mit
dem Vers beendet: „nunc dea [. . .] colitur celeberrima [. . .]“ (met.
1,747).10 Die lockere Reihe der knapp erzählten Apotheosen Io, Calli-
sto, Ino (in den Büchern 1, 2 und 4) findet noch vor der Herculesvergot-
tung thematische Wiederaufnahme: zuerst in der knappen Aussage zu
Dionysos: „inpositus iam caelo est“ (met. 4,614), dann in der Apposition
„nondum caelestia sidera“ (met. 8,372) zu den Dioskuren bei der Caly-
donischen Jagd und schließlich und vor allem in der Erzählung von Phi-
lemon und Baucis, deren Verwandlung in Bäume, die Verehrung genie-
ßen (met. 8,724: „et qui coluere, colantur“), eine Apotheose darstellt
oder doch mit einer solchen vergleichbar ist.
Bei dem vom Ende des ersten bis zum Ende des letzten Buches sich
ausspannenden, spät dichter und intensiver werdenden thematischen
Strang von Vergottungsgeschichten kann man die Zunahme der Motive
Leistung (Frömmigkeit, virtus, Kulturleistung) und Lohn beobachten.
8 Das ,Abwaschen alles Sterblichen4: met. 13,950ff. und 14,600f.; vgl. auch met. 4,539f.
(Ino).
9 Vgl. Lieberg (1970), Apotheose in Metamorphosen, S. 129: „die Deifikation Inos mehr
beiläufig im Zusammenhang“, aber „als Vorklang zu den Apotheosen des zweiten Teils
wichtig, als Vorklang, insofern es Venus ist, auf deren Bitte Ino zur Meergöttin wird, die
gleiche Venus also, die später an den Gottwerdungen des Aeneas und Caesars maß-
geblich beteiligt ist.“
10 Die Metamorphose der aus der Kuh in ein Mädchen zurückverwandelten Io in die Göt-
tin Isis (denn das liegt hier doch zugrunde; vgl. die ausführliche Verwandlungsge-
schichte bei Valerius Flaccus, Argonautica 4,407-418) ist hier nur implizit gegeben. Daß
Lieberg (1970), Apotheose in Metamorphosen, die Verstirnung der Bärin Callisto als
erste Apotheose des Werkes betrachtet, ist bei seiner stärker ideengeschichtlich orien-
tierten Untersuchung legitim. Die Verfolgung einer Themenentwicklung indessen muß
auch solche thematischen Keim- und Schwundstufen wie met. 1,747 aufspüren.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften