Metadaten

Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Heger, Klaus [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0028
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
26

Wolfgang Raible

Indikativität, d.h. im Extremfall der direkte Zugriff auf einen Refe-
renten oder Sach verhalt durch ein Zeichen. Dies trifft für die Dimension
,Determination4 ebenso zu wie für die Dimensionen ,Appréhension4
und possession4. Bei der Determination realisieren sich Prädikativität
als Charakterisierung (eines Nomens), d.h. als Erweiterung des Bedeu-
tungsumfangs (der Intension), maximale Indikativität als Spezifizie-
rung, d.h. als Einschränkung des Referenzbereichs eines Zeichens. Bei
der Appréhension bedeutet maximale Prädikativität Generalisierung,
maximale Indikativität Individuation (durch die Technik der Eigenna-
men). Im Bereich der Possession äußert sich maximale Prädikativität als
Etablierung (eines Besitzverhältnisses), Indikativität als Inhärenz.
Die jüngste der Kölner Dimensionen verläßt den Bereich dessen, was
man intuitiv als den Nominalbereich bezeichnen würde und wendet sich
dem Verbalbereich zu. Sie heißt Partizipation und leistet die sprachliche
Darstellung von Sach verhalten. Auch hier spielen Indikativität und Prä-
dikativität wieder die entscheidende Rolle, auch diesmal, wie in der Di-
mension Possession4, als Inhärenz bzw. Zentralisierung und als Etablie-
rung bzw. Dezentralisierung. Die einzelnen Techniken gehen hier vom
„logischen Prädikat“ bis zum „komplexen Satz“. ,Logische Prädikate4
wären einstellige Prädikationen, die als Träger der Assertion bzw., mit
Klaus Heger, als Träger der kommunikativen Regreßpflicht - die für
sprachliche Sachverhaltsdarstellungen elementar ist - ein minimales
„verbales“ Element erhalten. Schon Aristoteles hat darauf hingewiesen,
daß jedes - in heutiger Terminologie - einwertige Verb zerlegt werden
kann in ein solches minimales verbales Element als Assertionsträger und
einen Rest2 3: Aus ,er geht spazieren4 wird ,er ist + spazierengehend43.
2 Metaphysik 1017a28ff. Auch Seiler 1988, S. 102 verweist auf diese Stelle.
3 Die Überlegungen des Kölner Universalienprojekts verdanken viel Roman Jakobson
und seiner Konzeption von Merkmallosigkeit bzw. Merkmalhaltigkeit. Diese Begriffe
sind zuerst in der Phonologie entstanden. Wenn zwei Phoneme sich durch die relative
Länge unterscheiden, so haben beide Anteil an dem „feature“ oder der „Eigenschaft“
der Quantität; das kurze Phonem ist dann - im Hinblick auf diese Eigenschaft oder Di-
mension der Quantität - merkmallos, das längere ist merkmalhaltig. Dabei muß unter-
schieden werden zwischen dem principium comparationis (der Oppositionseigenschaft,
dem Wesenszug, dem feature) - im vorliegenden Beispiel: ,Quantität' - und dem Merk-
mal des einen der beiden Opposita, das der Merkmallosigkeit des anderen Oppositum
entgegengesetzt ist (hier: Länge/Dehnbarkeit gegenüber Kürze/Nicht-Dehnbarkeit).
Vgl. hierzu Roman Jakobson (1974). Das principium comparationis entspricht dem Na-
men der Dimension, die beiden entgegengesetzten Merkmale entsprechen den konver-
sen, negativ miteinander korrelierten Prinzipien.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften