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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Heger, Klaus [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0215
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V. Junktion, Mündlichkeit und Schriftlichkeit

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sehen Äquivalenten wird zugleich aber auch deutlich, mit wie vielen an-
deren Mitteln die Beziehungsebene segmental kodiert werden kann, wie
viele Ebenen der Sprache also hier noch mitspielen: Extraposition von
Aktanten (etwa in Beispiel 3), die Position der einzelnen Sachverhalts-
darstellungen, andere segmentale Hervorhebung (z. B. lui statt il im Zu-
sammenhang mit der Partikel denn in Beispiel 7).

4. Integrative Techniken als Strategien der Verständnissicherung
Ein Grundproblem, das die Sprecher jeder Sprache lösen müssen, ist
das Verhältnis zwischen der Zahl der Relationen, die auszudrücken
sind, und der Zahl der dafür vorhandenen Ausdrucksmittel. Schon Ari-
stoteles hat an einer bekannten Stelle - die in der Scholastik und später
intensiv kommentiert wurde - zum Ausdruck gebracht, daß in der
menschlichen Sprache ein Zeichen notwendigerweise mehrere Bedeu-
tungen haben kann bzw. muß, daß es also mehr als nur einen Referenten
bezeichnen muß: τον ενα λόγον πλείω σημαίνειν34. Dies gilt auch für
die Relationen. Man kann dies an Beispielen leicht verdeutlichen. Die
lateinischen Kasus drücken auf der integrativsten Ebene Relationen aus
- aber selten nur eine einzige. Konsultiert man die große Syntax und
Stilistik, die in der Nachfolge von Johann Baptist Hofmann von Anton
Szantyr vor allem aufgrund des TT/esauri/s-Materials perfektioniert
wurde, so erfährt man z. B., daß es eine Reihe von „Dativen“ gibt, nicht
nur den, der von der griechischen Bezeichnung πτώσις δοτική (Diony-
sios Thrax) bzw. der korrekten lateinischen Übersetzung casus dativus
her naheliegt. Unterschieden werden u. a. die folgenden Dative:

Dativ der Richtung und des Ziels:
dativus finalis:
[Ziel/Zweck]

it clamor caelo
subsidio, auxilio mittere
alimento serere
remedio adhibere
receptui canere
usui esse

34 Vgl. Eugenio Coseriu (1979). Die dort interpretierte Aristoteles-Stelle findet sich in
einem Teil des „Organon“, in der Schrift de sophisticis elenchis 165a 6-8. Coseriu zeigt
mit Hilfe einer Parallelstelle aus der Metaphysik, daß Aristoteles σημαίνειν gleicherma-
ßen für ,bedeuten* und bezeichnen* verwendet (bzw. beides nicht unterscheidet) und
kommt so zu einer Interpretation, die dem Sinn nach schon von den scholastischen
Sprachtheoretikern gegeben wurde.
 
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