IV. Die diachronische Perspektive
Jede der Dimensionen des Kölner Universalienprojekts steht, wie oben
zu Beginn von Kapitel II ausgeführt wurde, in einem Spannungsfeld
zwischen Prädikativität und Indikativität. Am einen Pol einer solchen
Dimension wird etwas durch einen Verband mehrerer Zeichen ausge-
drückt, am anderen durch ein einziges. Im Falle der Dimension Funk-
tion4 liegen die Verhältnisse zwar etwas anders, weil das Merkmal der
Prädikativität per definitionem für den ganzen Bereich der Dimension
,Junktion‘ gelten muß1. Auch hier gilt freilich, daß auf der integrativen
Seite eine einzige, integrative Sachverhaltsdarstellung übrigbleibt, wo
auf der aggregativen deren zwei vorhanden sind.
Ein solches Spannungsfeld zwischen den zwei Polen einer sprachli-
chen Dimension stellt nun allemal einen - mit Christian Lehmann zu
sprechen - idealen Grammatikalisierungskanal dar. Die sprachge-
schichtliche Entwicklung verläuft, wie wir spätestens seit Hermann Paul
wissen, in aller Regel so, daß die Syntagmen von heute die Morpheme
von morgen darstellen. Morphologie ist das Endprodukt von Syntax,
von Zeichenverbänden, und umgekehrt kann Syntax, können Zeichen-
verbände, zur Explizierung und Umstrukturierung von Morphologie
verwendet werden. Auf die Dimension Funktion4 bezogen bedeutet
dies, daß die aggregativeren Techniken prinzipiell den diachronischen
Ausgangspunkt für integrativere Lösungen darstellen können2. Einige
Beispiele sollen in diesem Kapitel illustrieren, was gemeint ist.
1. Infinite Formen als Vehikel für den Ausdruck von Relationen:
von der infiniten Form zum Verhältniswort (Prä- oder Postposition)
oder zur Konjunktion (romanische, germanische Sprachen, Finnisch)
Dort, wo Infinitheit durch eigene Morpheme ausgedrückt wird, sind in-
finie Formen ein günstiger Ausgangspunkt für weitere Integrationstech-
1 Vgl. oben am Anfang von Kapitel II die Zusammenstellung der Merkmale der Dimen-
sion ,Junktion‘.
2 Vgl. Raible (1989 - Typologie), speziell S. xviii.
Jede der Dimensionen des Kölner Universalienprojekts steht, wie oben
zu Beginn von Kapitel II ausgeführt wurde, in einem Spannungsfeld
zwischen Prädikativität und Indikativität. Am einen Pol einer solchen
Dimension wird etwas durch einen Verband mehrerer Zeichen ausge-
drückt, am anderen durch ein einziges. Im Falle der Dimension Funk-
tion4 liegen die Verhältnisse zwar etwas anders, weil das Merkmal der
Prädikativität per definitionem für den ganzen Bereich der Dimension
,Junktion‘ gelten muß1. Auch hier gilt freilich, daß auf der integrativen
Seite eine einzige, integrative Sachverhaltsdarstellung übrigbleibt, wo
auf der aggregativen deren zwei vorhanden sind.
Ein solches Spannungsfeld zwischen den zwei Polen einer sprachli-
chen Dimension stellt nun allemal einen - mit Christian Lehmann zu
sprechen - idealen Grammatikalisierungskanal dar. Die sprachge-
schichtliche Entwicklung verläuft, wie wir spätestens seit Hermann Paul
wissen, in aller Regel so, daß die Syntagmen von heute die Morpheme
von morgen darstellen. Morphologie ist das Endprodukt von Syntax,
von Zeichenverbänden, und umgekehrt kann Syntax, können Zeichen-
verbände, zur Explizierung und Umstrukturierung von Morphologie
verwendet werden. Auf die Dimension Funktion4 bezogen bedeutet
dies, daß die aggregativeren Techniken prinzipiell den diachronischen
Ausgangspunkt für integrativere Lösungen darstellen können2. Einige
Beispiele sollen in diesem Kapitel illustrieren, was gemeint ist.
1. Infinite Formen als Vehikel für den Ausdruck von Relationen:
von der infiniten Form zum Verhältniswort (Prä- oder Postposition)
oder zur Konjunktion (romanische, germanische Sprachen, Finnisch)
Dort, wo Infinitheit durch eigene Morpheme ausgedrückt wird, sind in-
finie Formen ein günstiger Ausgangspunkt für weitere Integrationstech-
1 Vgl. oben am Anfang von Kapitel II die Zusammenstellung der Merkmale der Dimen-
sion ,Junktion‘.
2 Vgl. Raible (1989 - Typologie), speziell S. xviii.