Metadaten

Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Heger, Klaus [Honoree]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0030
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
28

Wolfgang Raible

lungen von Sachverhalten. Diese Aufgabe habe ich ,Junktion‘ genannt -
in Anlehnung an Lucien Tesnières Begriff der jonction, in der es genau
um die Verbindung von satzwertigen Einheiten geht6. Die beiden extre-
men Prinzipien, die in diesem Zusammenhang universell wirksam sind,
sind diejenigen der Aggregation und der Integration. Im Falle des aggre-
gativen Extrems setzt man einfach Einheiten hintereinander und über-
läßt ihre Verknüpfung dem Hörer. Jede der Sachverhaltsdarstellungen
ist dabei assertiert, d. h. man kann ihr widersprechen, während die Be-
ziehung zwischen den beiden Sachverhaltsdarstellungen nicht assertiert
ist, also offen bleibt. Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, daß in
der mündlichen Rede durch gleichzeitig mit der Rede ablaufende, also
analoge, Intonationssignale Hinweise darauf gegeben werden, was ver-
knüpft wird und wie dies zu geschehen hat. Das integrativste Extrem
sind-im französischen Beispiel-die Ebenen VII bzw. VIII. Bestimmte,
für Sprachen besonders wichtige Relationen wie die des Verursachers,
des Verursachten, des Ziels oder Zwecks sind hier gewissermaßen als
feste semantische Rollen in syntaktische Planstellen wie diejenige des
Subjekts, des Objekts, des Dativ-Objekts integrierbar. Dies wird unten
in Kapitel III.4 noch vertieft werden.
Bei allen Dimensionen des Kölner Universalienprojekts gibt es einen
Wendepunkt, bei dem das Überwiegen des einen der beiden konversen
Prinzipien in ein Überwiegen des anderen übergeht. Im Falle der Matrix
des Faltblattes liegt dieser Wendepunkt in der Ebene VI mit ihren prä-
positionalen Gruppen. Diese Übergangszone wurde bereits als Schar-
nierstelle gewürdigt (oben Kapitel 1.4). Während auf den Ebenen I-V
(bzw., wie jetzt zu sagen wäre, innerhalb der Techniken I-V) jeweils
verbale, satzwertige Einheiten zu anderen satzwertigen Einheiten in Be-
ziehung gebracht werden, werden auf den Ebenen VI und VII die be-
treffenden Relationen in Form von Nominalgruppen integriert. Dabei
wird die Assertion, die innerhalb der aggregativeren Techniken der Di-
6 Der Junktionsbegriff wird auch anderweitig verwendet. Einen relativ engen Begriff von
,Junktion‘ hat Klaus Heger (1976, Abschnitt 4.2.9 [S. 192ff.]). Es geht dabei insbeson-
dere um die Arten von Relation, die auf Ebene III des Faltblatts unter 4 bezeichnet sind
(und/oder, wederlnoch, sowohl!als auch usw.). Einen sehr weiten Begriff von ,Junktion‘
hat Harald Weinrich (1982). Das Kapitel 8 ,Syntax der Junktion' umfaßt annähernd 200
Seiten. Weinrich erfaßt unter ,Junktion‘ die Präpositionen, die Konjunktionen, die Re-
lativierung sowie die ,Adjunktoren‘ (solche, die gleichrangige sprachliche Zeichen aller
Hierarchiestufen miteinander verbinden können, also speziell die Hegerschen ,Junkto-
ren‘)· Der hier verwendete Begriff ,Junktion' ist nicht ganz so weit wie der Weinrichsche
insofern, als die ,Relativ-Junktion' Weinrichs nur am Rande eine Rolle spielt.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften