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Wolfgang Raible
Setzung - es ist der Schwiegervater des Mainzer Romanisten Harald
Thun - verwendet mes nur an einer Stelle, wo ein tatsächlicher Gegen-
satz vorhanden ist, am Ende von [38]: Der Geheilte will bei Jesus blei-
ben, der jedoch schickt ihn zurück.
Am deutschen Text ist leicht zu erkennen, daß die anaphorische El-
lipse - in Form der Auslassung der pronominalen Form des Erst-Aktan-
ten - nur noch in ganz bestimmten Fällen, bei der Aufzählung von Ver-
ben, vorkommen kann: . flohen sie und verkündeten's .. Im deut-
schen Text ist der Wechsel des Erst-Aktanten zu Beginn von [35] nicht
markiert, was zu Mißverständnissen beim Lesen führen kann. Der latei-
nische und der griechische Text signalisierten diesen Wechsel durch
autem bzw. sein griechisches Äquivalent, der gaskognische durch Reno-
minalisierung („Lou moûnde que sourtin . .Am heutigen gaskog-
nischen Text ist sehr deutlich zu erkennen, daß das Enunziativ - hier
stets que - grammatikalisiert ist und nicht mehr der Markierung des glei-
chen Erst-Aktanten dient, sondern vor allem Haupt- und Nebensätze,
genauer: Vordergrund- und Hintergrund-Information unterscheidet
und dadurch zu einem zusätzlichen Signal für die Finitheit des Haupt-
satz-Verbs im Gegensatz zu Nebensätzen und, wie die Aufforderung in
[38] zeigt, zu Imperativen geworden ist.
Alle vier Passus zeigen die Bedeutung, die Sprecher einer Sprache der
Koaleszenz durch gleichbleibende Erst-Aktanten in der Abfolge von
Sachverhaltsdarstellungen beimessen. Diese Bedeutung erweist sich vor
allem daran, daß die Nicht-Koaleszenz im Bereich des Erst-Aktanten
mit besonderem Aufwand signalisiert wird. Dies zeigt schon die schrift-
liche Version der Texte: ursprünglich waren sie in scriptio continua, also
ohne Wortabstände geschrieben. Hieronymus hat zunächst Spatia zwi-
schen größere Sinneinheiten, die späteren Bibelverse, gesetzt. Es han-
delt sich um die Schreibweise „per cola et commata“. Typisch ist dabei,
wie der Passus zeigt, daß zwar nicht jeder Wechsel des Erst-Aktanten
mit einem neuen Vers signalisiert wird, daß aber umgekehrt alle Verse
mit einem Wechsel des Erst-Aktanten beginnen - offenbar ein wichtiges
Gliederungskriterium. Wichtiger als die drucktechnische Signalisierung
eines Wechsels des Erst-Aktanten ist jedoch seine sprachliche Realisie-
rung. Sie kann durch alleiniges autem oder sein griechisches Äquivalent
δέ geschehen, aber auch durch die - eventuell zusätzliche - Setzung des
Erst-Aktanten in Form eines Nomens („Renominalisierung“). Auch die
Setzung des Erst-Aktanten in Form des Pronomens hatte ursprünglich
dieselbe Wirkung, wie sich etwa an Michael Scheckers Untersuchungen
Wolfgang Raible
Setzung - es ist der Schwiegervater des Mainzer Romanisten Harald
Thun - verwendet mes nur an einer Stelle, wo ein tatsächlicher Gegen-
satz vorhanden ist, am Ende von [38]: Der Geheilte will bei Jesus blei-
ben, der jedoch schickt ihn zurück.
Am deutschen Text ist leicht zu erkennen, daß die anaphorische El-
lipse - in Form der Auslassung der pronominalen Form des Erst-Aktan-
ten - nur noch in ganz bestimmten Fällen, bei der Aufzählung von Ver-
ben, vorkommen kann: . flohen sie und verkündeten's .. Im deut-
schen Text ist der Wechsel des Erst-Aktanten zu Beginn von [35] nicht
markiert, was zu Mißverständnissen beim Lesen führen kann. Der latei-
nische und der griechische Text signalisierten diesen Wechsel durch
autem bzw. sein griechisches Äquivalent, der gaskognische durch Reno-
minalisierung („Lou moûnde que sourtin . .Am heutigen gaskog-
nischen Text ist sehr deutlich zu erkennen, daß das Enunziativ - hier
stets que - grammatikalisiert ist und nicht mehr der Markierung des glei-
chen Erst-Aktanten dient, sondern vor allem Haupt- und Nebensätze,
genauer: Vordergrund- und Hintergrund-Information unterscheidet
und dadurch zu einem zusätzlichen Signal für die Finitheit des Haupt-
satz-Verbs im Gegensatz zu Nebensätzen und, wie die Aufforderung in
[38] zeigt, zu Imperativen geworden ist.
Alle vier Passus zeigen die Bedeutung, die Sprecher einer Sprache der
Koaleszenz durch gleichbleibende Erst-Aktanten in der Abfolge von
Sachverhaltsdarstellungen beimessen. Diese Bedeutung erweist sich vor
allem daran, daß die Nicht-Koaleszenz im Bereich des Erst-Aktanten
mit besonderem Aufwand signalisiert wird. Dies zeigt schon die schrift-
liche Version der Texte: ursprünglich waren sie in scriptio continua, also
ohne Wortabstände geschrieben. Hieronymus hat zunächst Spatia zwi-
schen größere Sinneinheiten, die späteren Bibelverse, gesetzt. Es han-
delt sich um die Schreibweise „per cola et commata“. Typisch ist dabei,
wie der Passus zeigt, daß zwar nicht jeder Wechsel des Erst-Aktanten
mit einem neuen Vers signalisiert wird, daß aber umgekehrt alle Verse
mit einem Wechsel des Erst-Aktanten beginnen - offenbar ein wichtiges
Gliederungskriterium. Wichtiger als die drucktechnische Signalisierung
eines Wechsels des Erst-Aktanten ist jedoch seine sprachliche Realisie-
rung. Sie kann durch alleiniges autem oder sein griechisches Äquivalent
δέ geschehen, aber auch durch die - eventuell zusätzliche - Setzung des
Erst-Aktanten in Form eines Nomens („Renominalisierung“). Auch die
Setzung des Erst-Aktanten in Form des Pronomens hatte ursprünglich
dieselbe Wirkung, wie sich etwa an Michael Scheckers Untersuchungen