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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Heger, Klaus [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0143
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III. Die Ordnung der Relationen

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,x‘ in x fällt und in x ist glücklich, krank etc. feststellen, hier also einen
Unterschied zwischen ,Patient4 und ,Theme‘.) Was dabei zu kurz zu
kommen scheint, ist die wechselseitige Definition von Rollen25.
Während Weinrich mit vier prototypischen Situationen arbeitet,
Koch mit sechs, kommt Gisa Rauh sogar mit nur drei solcher elementa-
ren Situationen aus, die sie „primäre Begriffsschemata“ nennt (und die
sie als angeboren betrachtet26). Zwei davon übernimmt sie einer am
Massachusetts Institute of Technology entstandenen Dissertation von
Jeffrey S. Gruber aus dem Jahre 1965 bzw. aus Arbeiten, die Ray S.
Jackendoff in den 70er Jahren im Rahmen der X-Querstrich-Theorie
verfaßt hat27. Das erste ist ein Ruheschema, das zweite ein Bewegungs-
schema28. Das Ruheschema, Grubers AT-Muster oder Jackendoffs
[StateBE([Thingx], [piacey])], und das Bewegungsschema, Grubers FROM-
TO-Muster bzw. Jackendoffs [ενεπίθΟ ([ThingxL [path y])L werden bei
25 Von einem Kontinuum zwischen Agens und Patiens geht auch Bernard Comrie
(1981:53) aus. Für das Tagalog postuliert Werner Drossard eine Skala, die von Agens
und Soziativ über Komitativ, Adressat, Benefaktiv und Instrument zum Patiens geht.
Hier liegt jedoch keine direkte Ableitung aus einer Situation mehr vor. Vielmehr steht
hinter dieser Skala die Opposition zwischen source und goal bzw. zwischen abnehmen-
der ,Kontrolle über' und .zunehmender Kontrolle!Kontrolliertheit durch'. Vgl. Drossard
1985:29f.
26 Vgl. Gisa Rauh (1988). Diese Arbeit mündet in die „Theta-Theorie“ der Chomskyschen
Generativen Grammatik und damit wiederum in eine Theorie, die mit dem Konzept der
TTzeaterrolle [bzw. der T/zematischen Rollen Jackendoffs] und damit der Situationstypik
arbeitet: Tesnière war wohl der erste, der in grundlegender Weise grammatisch mit
diesem - auch für die Soziologie zentralen - Konzept gearbeitet hat. Walter A. Cook
(1969) hat dasselbe Konzept im Rahmen der Tagmemik entwickelt, Fillmore, wiederum
offenbar unabhängig von Vorgängern, im Rahmen der Generativen Semantik.
27 Vgl. Gruber (1965), Jackendoff (1972:36-46) oder etwa auch Jackendoff (1983:170-
174).
28 Auch Willem J.M. Levelt [1989:90] geht für seine psycholinguistischen Zwecke noch
von Jackendoffs Grundüberlegung, also zwei elementaren Situationen, zur Definition
von „thematischen Rollen“ aus: „The notion of conceptual rôle is, for reasons to be
discussed shortly, most easily clarified in the framework of concepts of motion and loca-
tion.“ - Andere grundlegende Größen ermittelt Levelt (S. 78) aus Fragen, die man zu
Sachverhaltsdarstellungen stellen kann. Er kommt dabei auf die 10 Größen PERSON,
THING, EVENT, ACTION, STATE, TIME, PLACE, DIRECTION, ATTRIBUTE
und MANNER. Sowohl die Zehnzahl wie das Verfahren erinnern an eine der aristoteli-
schen Frühschriften, die κατηγορίαι. Dort geht es um die Formen sinnvoller Aussagen -
das meint κατηγορίαι - über ein menschliches Individuum. Auf die Frage ,Was ist er‘
erhält man seine ουσία, sein [1] Wesen, die Frage nach seiner Beschaffenheit erbringt
die Kategorien der [2] Quantität und der [3] Qualität, die des Verhältnisses zu anderen
ergibt das πρός τι, die [4] Relation oder Relativität; weitere Fragen ergeben [5] Ort, [6]
Zeit, [7] Position, [8] Possession, [9] Tun und [10] Erleiden. Teilweise ergeben sich
 
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