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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Heger, Klaus [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0229
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VI. Ein nochmaliger Blick auf die Dimension ,Junktion‘

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Wie viele Gestalten reduzierte Finitheit annehmen kann, zeigte sich
an einer Junktionstechnik solcher Kreolsprachen, die über ein primäres
Aspektsystem verfügen9. Die imperfektive Form des Partizipatum ist
hier „infiniter“ als die perfektive10. Dabei ist sie, von der grammatischen
Markierung her, aufwendiger kodiert (die perfektive Form ist in den
Kreolsprachen mit primärem Aspektsystem - bei nicht-stativen Verben
- die morphologisch nicht markierte). Generell erwies sich das Feststel-
len einer reduzierten Finitheit in den Kreolsprachen als recht schwer,
weil sie in der Regel nicht mit positiven grammematischen Signalen aus-
gedrückt wird, sondern durch die Nicht-Kombinierbarkeit eines Verb-
Lexems mit bestimmten Grammemen. Daß es nicht nur bei der Projek-
tion einzelsprachlicher Verhältnisse auf die universelle Dimension
,Junktion‘, sondern auch innerhalb von Einzelsprachen ganze Infinit-
heitsskalen gibt, läßt sich deshalb leichter an solchen Sprachen zeigen,
die die verschiedenen Arten von Infinitheit, die sie zulassen, mit spezifi-
schen Grammemen signalisieren (Beispiele waren in Kapitel II.4.3.3 das
Finnische und bis zu einem gewissen Grade das Huichol).
Bei aller einzelsprachlichen Variation ist das Prinzip einer solchen Finit-
heitsskala jedoch stets dasselbe. Es ergibt sich aus den beiden Endpolen
der Skala, die, im Sinne des Kölner Universalienprojekts, Prädikativität
und Indikativität heißen11. Auf der einen Seite steht, mit klassischen
Wortart-Begriffen ausgedrückt, das Verb, auf der anderen das Nomen.
Die ganze Dimension ,Junktion‘ ist ja eine Dimension, in der selbstän-
dige Sachverhaltsdarstellungen - die per definitionem ein Partizipatum,
bei Foley/van Valin 1984:220: „The outermost operator is illocutionary force, taking the
entire periphery as well as the other peripheral operators, status, tense, and evidentials,
within its scope“. In schematischer Weise ist dies bei den genannten Autoren auf S. 225
festgehalten. Es geht um die schon mehrmals erwähnte Stufenfolge nucleus (in der hier
verwendeten Terminologie: alleiniger Bereich des Partizipatum ohne Folgen für die
Partizipanten) - core (Bereich der Aktanten) -periphery (Bereich der Zirkumstanten).
Illokution im Sinne der Einbettung des Sprechakts in einen Handlungszusammenhang
zwischen Sprecher und Hörer ist in diesem Sinne zweifellos „peripher“ und damit die
gesamte Sachverhaltsdarstellung betreffend. - Eine analoge Skalierung - diesmal je-
doch von Verben bezüglich ihrer Leistung als potentielle grammatische Instrumente -
wird sich im letzten Abschnitt dieses Kapitels ergeben.
9 Vgl. zu den verschiedenen Typen von Tempus- und Aspektsystemen Raible (1990).
Im Sinne des nachfolgenden Abschnitts VI.2 ist dies die erste von vier Arten des Redens
über Finitheit/Ipfinitheit.
11 Deshalb war auch ein Teil der Nominalisierungsskala, die Iturrioz für das Huichol aufge-
stellt hat, im Rahmen der Dimension ,Junktion‘ relevant. Vgl. oben II.4.3.3.
 
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