Metadaten

Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Heger, Klaus [Honoree]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0231
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
VI. Ein nochmaliger Blick auf die Dimension ,Junktion‘

229

tagma im ablativus absolutus hat in der Regel einen anderen „Erst-Ak-
tanten“ als die übergeordnete Sachverhaltsdarstellung, beim partici-
pium coniunctum gilt das Bezugsnomen dagegen als „Erst-Aktant“ der
eingebetteten Sachverhaltsdarstellung. Beim ablativus absolutus in sei-
ner durch die lateinische Schriftkultur weiter entwickelten Form13 be-
dienen sich die Sprecher des Lateins dazuhin eines Syntagmas mit einer
weniger finiten partizipialen Form, das insgesamt durch das Kongruenz-
merkmal des Ablativs als Einheit signalisiert wird: his rebus gestis etc.
Dabei benützen sie mit dem Ablativ einen Kasus, der in der „normalen“
Verbalrektion, d.h. zur Markierung von Aktanten-Rollen, selten (wie
etwa bei dem Deponens uti) vorkommt und so typischerweise den (für
„adverbiale Bestimmungen“ sei es eher verbaler, sei es eher nominaler
Art) idealen Zirkumstanten-Charakter eines Partizipanten signali-
siert14. Der ablativus absolutus zeigt so deutlich die Verbindung „verba-
ler“ mit „nominalen“ Zügen. Das Kasus-Grammem, das eine „verbale“
Form bekommt, dient also nicht nur der Markierung der Kohäsion einer
Gruppe von Zeichen, sondern auch dazu, den Erst-Aktanten der inte-
grierten Sachverhaltsdarstellung mit einem Grammern zu markieren,
das im Rahmen „normaler“ Verbal-Rektion, oder, mit Foley und van
Valin, im core-Bereich, nicht verwendet wird. Im Finnischen war dies,
wie die Beispiele in Kapitel II.4.3.3 gezeigt haben, typischerweise der
Genitiv, dasselbe gilt für das Altgriechische oder das Türkische. Im La-
teinischen erfüllt der Ablativ diese Funktion. Christian Lehmann sieht
in dieser Transformation des Erst-Aktanten der eingebetteten Sachver-
haltsdarstellung zu einer „obliquen“ Form sicher zu Recht ein Signal für
„Desententialisierung“15.
Dieselbe Verbindung „verbaler“ mit „nominalen“ Zügen zeigt die la-
teinische Konstruktion des participium coniunctum. In verschiedenen
Kasus sind auch das Gerundium und das Gerundivum zugänglich. (Mit
13 Vgl. oben Kapitel V.2.
14 Die vielen Arten von Ablativen, die die lateinischen Grammatiken unterscheiden, spie-
geln dabei nicht nur den Zirkumstanten-Charakter der Syntagmen wider; sie machen
auch die relative Offenheit im Hinblick auf die Relation deutlich, um die es gehen soll.
Es handelt sich um das Phänomen, das oben in II.4.3.1 am Beispiel der romanischen
Gerundial-Konstruktionen erörtert wurde. - Bei Hofmann/Szantyr (1972) findet man
u.a. den Ablativus instrumenti, sociativus, comitativus, comparationis, qualitatis, locati-
vus, causae, mensurae, temporis - d.h. der Ablativ ist ein Mittel zum Ausdruck von
Relationen, die im Rahmen der Dimension ,Junktion‘ wohlbekannt sind. Der lateini-
sche Ablativ ist dabei, was die Anzeige spezifischer Relationen angeht, noch merkmal-
loser als die romanischen Gerundial-Konstruktionen.
15 Vgl. Lehmann 1988:197, 200.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften