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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Heger, Klaus [Honoree]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0255
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VI. Ein nochmaliger Blick auf die Dimension Junktion*

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Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei nochmals gesagt, daß, wie bei
den bisherigen Dimensionen des Kölner Universalienprojekts, nicht nur
die Position einer Technik innerhalb des hier angedeuteten Feldes der
,Junktion4 nur approximativ zu verstehen ist, sondern, vor allem, daß
die meisten der Techniken selbst Unter-Skalen mit einem oft beträchtli-
chen Ausgestaltungs-Spielraum bilden45. Die beste Darstellungsmög-
lichkeit wäre die eines mehrdimensionalen Raumes, in dem Techniken
als Unter-Kontinua zu repräsentieren wären. Im übrigen sind längst
nicht alle einzelsprachlich möglichen Techniken auf die Dimension
,Junktion‘ abgebildet.
Trotz des kontinualen Charakters sind einige Unterbereiche oder
„Zonen“ in diesem Feld auszumachen. Es handelt sich zunächst um die
Zone [A] mit den beiden der Dissertation von Susanne Michaelis bzw.
Marianne Mithun entnommenen Techniken Al und A2, die prinzipiell
nur in medialer Mündlichkeit möglich sind, weil sie spezifische Intona-
tionsmuster erfordern. Bei der Abbildung solcher Arten der Junktion in
der Schriftsprache ergeben sich, wie Susanne Michaelis gezeigt hat, als-
bald Ausweichtechniken - im Seychellen-Kreol z. B. die mit dem Junk-
tor e (aus ei)46. Die Technik A2 ist, wie die Verfasserin ebenfalls zeigt,
zugleich möglicher Ausgangspunkt für serielle Verbformen, also eine
Technik, die in der Skala erst am Anfang der nachfolgenden Zone C,
nämlich als C2, angesiedelt ist. Dies bedeutet, daß die typisch mündli-
45 Der Freiburger Biologe Bernhard Hassenstein hat, aus der Sicht seiner Disziplin, schon
seit Anfang der 50er Jahre (Hassenstein [1954]) darauf hingewiesen, daß die Begriffe
natürlicher Sprachen, auf in der Realität diffuse und vor allem skalare Erscheinungen
angewandt, Grenzen setzen, die zu Überlappungen (und zu wissenschaftlicher Verwir-
rung) führen können. Er nannte das Phänomen, das unter diesem Namen inzwischen
auch ins Wörterbuch der Philosophie (hrsg. von J. Ritter und K. Gründer, Band IV,
Basel/Stuttart [Schwabe] 1981) Eingang gefunden hat, „Injunktion“. Bezogen auf die
Dimension Junktion* zeigt sich, auf einer höheren Ebene, dasselbe Phänomen: be-
stimmte einzelsprachliche Techniken haben, bezogen auf das zugrundeliegende dimen-
sionale Kontinuum, einen beträchtlichen Spielraum; sie können sich mit anderen Tech-
niken überlappen. - Auch Klaus Heger hat sich später (1979) mit der-nur scheinbaren-
Ungenauigkeit sprachlicher Zeichen auseinandergesetzt und dabei zwei Arten sprachli-
cher Bezeichnung unterschieden.
46 Zum besseren Verständnis muß dazugefügt werden, daß das Seychellen-Kreol über ei-
nen Junktor ,und* zwischen Nomina durchaus verfügt. Er ist - wie in vielen Kreolspra-
chen auf französischer Basis - aus avec entstanden und lautet ek. Wichtig ist dabei, daß
es einen merkmallosen Junktor des Typs e für Sachverhaltsdarstellungen bis zur Ver-
schriftlichung offenbar nicht gegeben hat, daß also das uns so selbstverständliche ,und‘
(auf der Ebene der Junktion von Sachverhaltsdarstellungen) eine Innovation der
Schriftkultur darstellen kann.
 
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