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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Heger, Klaus [Honoree]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0268
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266

Wolfgang Raible

Für die ersten vier Gruppen, also (a) bis (d), gilt eine relativ starke Affi-
nität, die den Interferenzen entspricht, die gemeinhin zwischen Ak-
tionsart, Aspekt und Tempus bzw. zwischen Tempus und Modalität in
verschiedenen Verbalsystemen auftreten66. Die Gruppen (b), (c) und
(d) haben die Gemeinsamkeit, daß sie immer die Relation zu einer In-
stanz implizieren: Im Falle von Tempus und Aspekt geht es um den
Standpunkt des Sprechers, also um temporale Deixis bzw., beim
Aspekt, um Karl Bühlers Deixis am Phantasma67. Im Falle der Modal-
verben im engeren Sinn wird eine Instanz außerhalb des Sprechers ins
Spiel gebracht, von deren Maßstab die Verbalhandlung abhängt68.
Schöne Beispiele für die Möglichkeiten der Verb-Verb-Junktion,
etwa im Bereich des Ausdrucks der Aktionsarten, wurden oben am
Ende von Abschnitt II.4.3.3 für das Finnische erwähnt, wo als zweites
verbales Element eine der infiniten Formen fungiert. Was die Romania
betrifft, so haben sich Theodor Berchem, in breiterem Rahmen Wolf
Dietrich und, unter anderer Akzentuierung, Birte Stengaard, mit den
Periphrasen beschäftigt, die in den Bereich von Tempus, Aspekt und
Aktionsart gehören69. Generell ist festzustellen, daß eine der sonst im
Bereich der Dimension ,Junktion‘ auftretenden weniger finiten Formen
in der Tendenz die eher „lexematischen“, die finite Form desjenigen
Verbs, das zu den hier angesprochenen Bedeutungsklassen gehört, kraft
seiner besonderen Semantik hingegen eher „grammematische“ Aufga-
ben übernimmt: span, estoy cantando, finn. ölen laulamassa (Inessiv des
Infinitivs III) ,ich bin am Singen‘ etc.
hin etwa Manu Leumann (1962), Giampaolo Salvi (1982), Harm Pinkster (1987) oder
Pirjo Raiskila (1990).
66 Vgl. dazu nochmals Raible (1990) oder Werner Drossard (1991:67f.). - In einer teil-
weise vergleichbaren Tabelle für Verben, die als lexikalische Quellen der grammati-
schen Kategorien ,Futur1, ,Perfekt?,Vergangenheit“ und ,Imperfektiv’/,Progressiv1
auftreten können, nennen Bybee/Dahl (1989:58) nur ein Verb, das in den hier berück-
sichtigten Sprachen nicht vorkommt: ,wegwerfen' [,beenden'] für Perfektivität. Sie be-
ziehen sich dabei auf das Koreanische, das Fore und das Palaung.
67 Dies bedeutet, daß hier mit Klaus Heger (1967) eine andere Konzeption von ,Aspekt'
vertreten wird als etwa bei Comrie (1976).
68 Vgl. hierzu Klaus Heger (1977 und besonders 1979).
69 Vgl. Berchem (1973), Dietrich (1973) bzw. (1983) und Stengaard (1991). Berchem geht
von den Konzepten ,gehen', ,haben' und ,sein‘ aus. Dietrich befaßt sich namentlich mit
drei Gruppen von Verbalperiphrasen: solchen, die temporal zu interpretieren sind, sol-
chen, die aspektuelle Kategorien ausdrücken und solchen, die in den Bereich der (kau-
sativen) Diathese gehören. Birte Stengaards Akzentuierung betrifft die semantische
Entwicklung des ,Feldes' aus den Konzepten ,stehen', ,sitzen' und ,liegen' vom Lateini-
 
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