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Wolfgang Raible
der einen Eimer Wasser irgendwohin bringt, muß ihn allererst in die
Hand nehmen. Ebenso kann die Folge-Phase einer Handlung bei die-
sem Verfahren ins Blickfeld gerückt werden: „Sie stellt das Essen auf
den Tisch. (Sie) gibt es ihm“ - aus dem Verbum ,geben‘ kann dann das
Signal für die Markierung eines Dritt-Aktanten in der Rolle des begün-
stigten4 (im Deutschen: ,für‘) werden. Beispiele wurden oben in II.4.1.
[3] und [4] aus dem Principe-Kreol, dem Kilivila und dem Ewe gege-
ben72. Eine weitere Entwicklungsmöglichkeit sind finale Konjunktio-
nen73. - Daß hier gerade die Verben des Gebens und des Nehmens für
die „Serialisierung“ von Handlungs-Konzepten wichtig sind, hat gene-
rell etwas mit dem schon erwähnten Paar Voraussetzung und Folge4,
also einer zentralen zweiseitigen Relation, zu tun: Nehmen bzw. Grei-
fen schafft die Voraussetzung, Geben stellt die Folge dar. Walter Bisang
kann etwa feststellen, daß alle fünf Sprachen, die er untersucht hat -
Chinesisch, Hmong, Vietnamesisch, Thai, Khmer - „über die Möglich-
keit [verfügen], ein Objekt mit Hilfe des entsprechenden Verbs für Reh-
men4 vorwegzunehmen, um hernach die eigentliche Verbalhandlung,
also das, was mit dem Objekt geschieht, folgen zu lassen. Ein Vorgang
wird damit insofern genauer analysiert, als ein bestimmter Gegenstand
erst einmal genommen werden muß, ehe man damit etwas weiteres un-
ternehmen kann“74. Daß die Voraussetzung z.B. als „Mittel/Instru-
ment“ interpretiert werden kann (etwa in den bekannten Serialisie-
rungs-Beispielen des Typs „Er nimmt das Messer. (Er) schneidet das
Brot“), ist nur konsequent. Mit dem Konzept,nehmen4 kann bei Seriali-
sierung sogar die Relation des Verursachten4 bzw. ,Patiens4 erreicht
werden75. Dies widerspricht nicht der oben in Kapitel III getroffenen
72 Die Wichtigkeit der Rolle des Nehmens ergibt sich indirekt auch daraus, daß ganz unter-
schiedliche Autoren zu ganz unterschiedlichen Zwecken den Akt des Nehmens als
grundlegend angesehen haben. René Thom zählt capturer (Gegensatz: émettre) zu den
„morphologies archétypes“, die er anhand seiner topologischen Interpretation derTes-
nièreschen Dependenzgrammatik aufstellt. - Roger Schank hat 1975 im Hinblick auf die
Bemühungen der Artificial Intelligence, menschliche Kognition zu simulieren, eine
Reihe von (insgesamt 11) elementaren Handlungen („primitive acts“) unterschieden.
Zu den wenigen elementaren Handlungen Schanks, die ein Korrelat unter den „mor-
phologies archétypes“ von Thom haben, zählt der Akt des Greifens (to grasp). - Vgl.
René Thom (1970, 1985), Roger Schank (1975) und oben Kap. III.4.
73 Walter Bisang (1991, Abschnitt 3.1.3.4 ,konjunktionale Verben1) gibt Beispiele aus dem
Vietnamesischen, dem Thai und dem Khmer, in denen ,geben' die Funktion einer fina-
len Konjunktion bekommt.
74 Walter Bisang (1991, Abschnitt 3.2.3.5 ,Die erweiterte seriale Einheit mit „nehmen“').
75 Daß mit der Serialisierung die Rolle des Patiens modifiziert wird, ist relativ selten. In der
Wolfgang Raible
der einen Eimer Wasser irgendwohin bringt, muß ihn allererst in die
Hand nehmen. Ebenso kann die Folge-Phase einer Handlung bei die-
sem Verfahren ins Blickfeld gerückt werden: „Sie stellt das Essen auf
den Tisch. (Sie) gibt es ihm“ - aus dem Verbum ,geben‘ kann dann das
Signal für die Markierung eines Dritt-Aktanten in der Rolle des begün-
stigten4 (im Deutschen: ,für‘) werden. Beispiele wurden oben in II.4.1.
[3] und [4] aus dem Principe-Kreol, dem Kilivila und dem Ewe gege-
ben72. Eine weitere Entwicklungsmöglichkeit sind finale Konjunktio-
nen73. - Daß hier gerade die Verben des Gebens und des Nehmens für
die „Serialisierung“ von Handlungs-Konzepten wichtig sind, hat gene-
rell etwas mit dem schon erwähnten Paar Voraussetzung und Folge4,
also einer zentralen zweiseitigen Relation, zu tun: Nehmen bzw. Grei-
fen schafft die Voraussetzung, Geben stellt die Folge dar. Walter Bisang
kann etwa feststellen, daß alle fünf Sprachen, die er untersucht hat -
Chinesisch, Hmong, Vietnamesisch, Thai, Khmer - „über die Möglich-
keit [verfügen], ein Objekt mit Hilfe des entsprechenden Verbs für Reh-
men4 vorwegzunehmen, um hernach die eigentliche Verbalhandlung,
also das, was mit dem Objekt geschieht, folgen zu lassen. Ein Vorgang
wird damit insofern genauer analysiert, als ein bestimmter Gegenstand
erst einmal genommen werden muß, ehe man damit etwas weiteres un-
ternehmen kann“74. Daß die Voraussetzung z.B. als „Mittel/Instru-
ment“ interpretiert werden kann (etwa in den bekannten Serialisie-
rungs-Beispielen des Typs „Er nimmt das Messer. (Er) schneidet das
Brot“), ist nur konsequent. Mit dem Konzept,nehmen4 kann bei Seriali-
sierung sogar die Relation des Verursachten4 bzw. ,Patiens4 erreicht
werden75. Dies widerspricht nicht der oben in Kapitel III getroffenen
72 Die Wichtigkeit der Rolle des Nehmens ergibt sich indirekt auch daraus, daß ganz unter-
schiedliche Autoren zu ganz unterschiedlichen Zwecken den Akt des Nehmens als
grundlegend angesehen haben. René Thom zählt capturer (Gegensatz: émettre) zu den
„morphologies archétypes“, die er anhand seiner topologischen Interpretation derTes-
nièreschen Dependenzgrammatik aufstellt. - Roger Schank hat 1975 im Hinblick auf die
Bemühungen der Artificial Intelligence, menschliche Kognition zu simulieren, eine
Reihe von (insgesamt 11) elementaren Handlungen („primitive acts“) unterschieden.
Zu den wenigen elementaren Handlungen Schanks, die ein Korrelat unter den „mor-
phologies archétypes“ von Thom haben, zählt der Akt des Greifens (to grasp). - Vgl.
René Thom (1970, 1985), Roger Schank (1975) und oben Kap. III.4.
73 Walter Bisang (1991, Abschnitt 3.1.3.4 ,konjunktionale Verben1) gibt Beispiele aus dem
Vietnamesischen, dem Thai und dem Khmer, in denen ,geben' die Funktion einer fina-
len Konjunktion bekommt.
74 Walter Bisang (1991, Abschnitt 3.2.3.5 ,Die erweiterte seriale Einheit mit „nehmen“').
75 Daß mit der Serialisierung die Rolle des Patiens modifiziert wird, ist relativ selten. In der