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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Heger, Klaus [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0272
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Wolfgang Raible

der eben genannten (Verben der Sinneswahrnehmung; ,bekommen1,
,kriegen‘, wo die Position des Erst-Aktanten z. B. durch die Final-Funk-
tion ausgefüllt wird) - zum Ausgangspunkt der Bildung „neuer“ Diathe-
sen.
e) „verba sentiendi (et dicendi)“·, diese Verben bilden eine Gruppe für
sich, deren Mitglieder in allen Sprachen permanent als Element in der
Verbindung zweier Sachverhaltsdarstellungen vorkommen können. Ein
mögliches Resultat von Grammatikalisierung ist etwa die Bildung von
Objektsatz-Konjunktionen (vom Typ ,daß‘ [das allerdings eine andere
als verbale Herkunft hat]) oder sogenannten Zitierformen, also For-
men, die anzeigen, daß Rede zitiert ist, aus ehemaligen verba dicendi1^.
Auch die Verben der Gruppe 2 bilden eine Skala mit gleitenden Über-
gängen: Die Verben des Gebens gehören nicht nur in die Gruppe (c), in
der es um die Erweiterung des verbalen Skopus geht. Sie können auch in
Gruppe (d) zur Veränderung der Diathese verwendet werden. Umge-
kehrt kann aber auch ein Verb der Sinneswahrnehmung (Gruppe [e]) als
Instrument für die Schaffung neuer Verbal-Diathesen (Gruppe [d]) ein-
gesetzt werden.
Die verba sentiendi et dicendi stellen ihrerseits den Übergang zu einer
dritten Groß-Gruppe von Verben dar, die nur mit einem etwas größeren
Aufwand zu systematisieren ist und die auch relativ selten zu Grammati-
kalisierungen führt: Es handelt sich um die gesamten eigentlichen
Sprechakt-Verben, also Verben, die insbesondere Illokutionen themati-
sieren. Sie haben von daher eine Affinität zum grammatischen Modus,
zumal die Sprechakt-Lehre letztlich eine Modus-Lehre ist80. Es geht also
79 Vgl. dazu auch Karen Ebert (1991) mit weiteren Literaturangaben. Plausibel wird in
Karen Eberts Beitrag insbesondere, daß es sich um kein Sprachbund-Phänomen han-
delt, sondern um eine unter den Sprachen der Welt weit verbreitete Erscheinung. -
Karen Ebert unterscheidet VI Stufen der Grammatikalisierung des Redeverbs: I,sagen'
in einer vollständigen Form; II morphologische Reduktion (falls möglich); III Partikel
mit der Funktion eines Anführungszeichens (also etwa wie grch. ότι oder lat. quia im
oben in Kapitel II. 4.4.1 zitierten spätlateinischen Gebrauch); IV Verschiebung der Par-
tikel in den Gliedsatz, d. h. zur Funktion der Konjunktion; V Markierung von Finalsät-
zen; VI Markierung von Kausal- und/oder Konditionalsätzen. - „Typisch“ auch hier
wieder die des öfteren - zuletzt in Abschnitt VI.4 - hervorgehobene Affinität von
„neuen“ Junktoren zur finalen Junktion. - Vgl. dazu auch Bisang (1991 - Verb), S.
529 ff.
811 Vgl. dazu Raible (1983 - Knowing). - Über die Modalisierung ergibt sich zusätzlich zu
den bei Karen Ebert genannten Möglichkeiten für das Konzept ,sagen' auch die Mög-
lichkeit zum Ausdruck jenes Tempus, das stets eine Affinität zum Modus hat: des Fu-
 
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