Metadaten

Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Heger, Klaus [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0275
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VI. Ein nochmaliger Blick auf die Dimension ,Junktion‘

273

Es gibt also, auf das Schema bezogen, horizontale und vertikale Über-
gänge.
Dies bedeutet, daß wir es auch hier nicht mit alleinigen Skalen zu tun
haben, sondern - wie auch im Falle der Dimension ,Junktion‘ selbst -
mit ganzen Feldern. (Noch adäquater wären auch hier sicher dreidimen-
sionale Darstellungen. Sie lassen sich - wie erwähnt - freilich schlecht
visualisieren.)
Die vorhergehenden Beobachtungen haben als Grundlage insbesondere
die Verbalperiphrasen der romanischen und einiger anderer indogerma-
nischer Sprachen, sowie solcher Kreolsprachen, die auf der Basis indo-
germanischer Sprachen entstanden sind83. Man könnte also geneigt sein,
hier etwas typisch Indogermanisches zu vermuten. Nun ist freilich schon
in Kapitel II deutlich geworden, daß z.B. die Verb-Serialisierung eine
Erscheinung ist, die weitgehend mit der periphrastischen Technik etwa
der indogermanischen Sprachen zu vergleichen ist. Sie kam ja z. B. auch
in Kreolsprachen vor (Principe, Karibik) und führte dort durch Gram-
matikalisierung u. a. zu Präpositionen bzw. neuen Verben mit erweiter-
tem Skopus. Hier ist es von besonderem Interesse zu wissen, daß genau
dieselben Konzepte, die bei den Verbalperiphrasen der genannten Spra-
chen eine Rolle spielen, auch in Sprachen vorkommen, deren Sprecher
dominant nach dem Muster der Serialisierung verfahren. Dies zeigen
sehr schön die Zürcher Dissertation von Walter Bisang (1991) über das
Verb in einer Reihe von ostasiatischen Sprachen (Chinesisch, Thai,
Khmer, Hmong, Vietnamesisch) und die Leuvener Dissertation von
Wilfried Kuhn (1990) über serielle Verben. Einem spanischen ,ser‘ bzw.
,estar‘ entspricht im Chinesischen in gleicher Funktion das Verbum für
,wohnen‘, ,sich befinden4 zài, mit dem chinesischen Verb yào ,wollen4
kann man Futurisches ausdrücken, auch Kausativierung (ich will,
daß. . .). Die Verben, die Phasen der Handlung ausdrücken (Anfang,
Verlauf, Ende) können ,Aktionsarten4 umschreiben, z.T natürlich mit
Affinität zu Aspekt oder Tempus. Die Fülle der direktiven Verben kann
zum Ausdruck aller möglicher Schattierungen der lokalen Translation
83 Sprachen wie das Kreol von Guadeloupe fixieren die Lexeme basilektal nur selten auf
einen bestimmten modus significandi. Im vorliegenden Zusammenhang verdient daher
der Umstand Aufmerksamkeit, daß einige der Konzepte, die hier eine Rolle spielen,
eine Ausdrucksform haben, die nur verbal realisiert wird: ,haben1 (rzz, tini), ,sich befin-
den1 (yé), ,tun‘ (fe), die Modalkonzepte ,müssen1, ,können1 und ,wollen1 (fo, pé, vie)
sowie - hier nicht vorgekommen - ,lieber tun, vorziehen1 (pisimié). Vgl. Ludwig (1991 -
1.2.3.2)
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften