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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0058
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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

dencken möchte, wir erkenneten disen geyst nit oder weren selb auch etwas mit im
behafftet.
Die vier erschröcklichen irthumben, die Hoffman im Synodo wider die
ware Evangelische lere hat fürgeben und zu verthädigen understanden.
Das erst, das das ewig wort Gottes nit habe unsere natur und fleisch von Maria der
junckfrawen angenommen, sonder sye selb zu fleisch worden, also, das unser herr
Christus nur einer und nit zweyer naturen sye30.
Der ander, das die erlösung Christi allen gleich zu teyl werde in bezalung der
erbsund, dann Gott alle menschen zum ewigen leben erwelet habe und daher sye
allen geben, kinder Gottes zu werden; demnach wer die erste gnad weyter und
wol gebrauchet, welches, als Hoffman sagt, in eyns jeden vermögen steht, der
kommet zur säligkeit, wer nicht, der wirt erst verworffen, in verkerten synn ge-
geben und in verdamnuß gestossen:31|B1b|
Der drit, das allen denen, die Christum erkennet haben, und seines geystes
teylhafftig worden sind, und dem nach wissenthlich sundigen, keine verzeihung
mer zu erwarten sye32.
Das vierd, das der kinder tauff auß dem teufel sye und von keinem Christen
möge geduldet werden33.
Den ersten irthum zu bestettigen, hat er vier fürneme gründe eingefieret. Für
den ersten hat er zum trunglichsten34 den spruch Johan.i [14] getriben. Das wort
ist fleisch worden, und in dem angehalten, es stande nit, das wort hat fleisch an-
genommen; darumb sye das wort Gottes selb zu fleisch worden, das do nur ein
natur sye, aber ein hymlisch fleisch35, wie das zwar der ertzketzer Valentinus36
30. Vgl. zur Linden, a.a.O., S.323 und 438ff.; ebenso Kawerau, a.a.O., S.48.
31. Vgl. Kawerau, a.a.O., S. 51 ff.
32. Vgl. Kawerau, a.a.O., S.64.
33. Hoffmans Auffassung von der Taufe war der Synode bekannt und ist dort ausführlich
verhandelt worden. Vgl. Kawerau, a.a.O., S. 118ff. und zur Linden, a.a.O., S.407.
34. Eindringlichsten.
35. Vgl. hierzu die Studie von Hans Joachim Schoeps: Vom himmlischen Fleisch Christi. Eine
dogmengeschichtliche Untersuchung. Tübingen 1951. Vor allem S. 37-47.
36. Die Bezeichnung der Täufer und ihnen nahestehender Theologen mit dem Namen »Valen-
tinianer« ist in der Reformationszeit üblich. Sie findet sich z.B. in Luthers Vorrede zu Urbanus
Rhegius’ »Widerlegung des Bekenntnisses der Münsterschen neuen Valentinianer und Dona-
tisten«, WA 38, S. 336. Anlaß zu dieser dogmengeschichtlichen Analogie seitens der Reforma-
toren gab die in der Urkirche bei den Valentinianern wie in der Reformationszeit unter den
Täufern verbreitete Lehre vom »himmlischen Fleisch Christi«, nach der Christus u.a. von der
Jungfrau Maria nicht empfangen, sondern gleichsam durch sie als durch eine Röhre (velut canalem)
hindurchgegangen sei, das Fleisch aber vom Himmel mit sich gebracht habe. Das früheste
Zeugnis für diese Ansicht in der Zeit der frühen Kirche findet sich bei Tertullian: Adversus
Valentinianos 27; CSEL47,S.203. B. jedoch scheint hier offensichtlich auf eine Stelle bei Pseudo-
Tertullian: Adversus omnes haereses4; CSEL47, S.221 Bezug zu nehmen (vgl. auch Anm. 275):
(Valentiniani dicunt) - hunc (sc. Christum) autem in substantia corporis nostri non fuisse, sed spiritale,
nescio quod corpus de coelo defer entern, quasi aquam per fistulam, sic per Mariam virginem transmeasse, nihil

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