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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0265
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Einleitung
1. Die Veranlassung der Schrift

Der alte Ruf nach einem allgemeinen Konzil, einer »Erneuerung der Kirche an
Haupt und Gliedern«, war zwar seit dem Sieg des Papstes über die konziliari-
stische Idee in der Mitte des 15.Jahrhunderts nach außen hin verstummt, hatte
aber doch in reformwilligen Kreisen und in den Gedanken mancher Gelehrter so
viel Widerhall gefunden, daß er sich mit der reformatorischen Bewegung des
16. Jahrhunderts von neuem deutlich vernehmen ließ1. Zunächst waren es Luther
und seine Anhänger, die diesen alten Ruf mit allem Nachdruck aufnahmen. Luther
selbst appellierte bis zum Wormser Reichstag zweimal, am 28. November 1518
und 17. November 1520, vom Papst an ein Generalkonzil. Seine ebenfalls im Jahre
1520 ausgesandte Schrift >An den christlichen Adel deutscher Nation< stellte ein
erstes Programm für das ersehnte Konzil dar, während Ulrich von Hutten auf der
Ebernburg ein Büchlein konziliaristischer Gedanken aus der Zeit des Basler
Konzils entdeckte, das er unter der Parole: »Concilium, concilium, concilium«
veröffentlichte2 3 4 5. Auf dem Reichstag zu Worms des Jahres 1521 aber wurden nun
auch wieder Stimmen von altgläubiger Seite her für ein Konzil laut, und nur dem
Verhandlungsgeschick seines Legaten Aleander hatte es der Papst zu verdanken,
daß diese ihm unbequeme Forderung jetzt noch einmal im Hintergrund blieb.
Der Ruf nach einem Konzil wurde indessen seitens der Reichsstände immer ver-
nehmlicher, zumal die Reformbedürftigkeit der Kirche vor aller Augen stand und
Fürsten wie Reichsstädte es nun unternahmen, aus eigener Vollmacht und zumeist
im Geiste der Reformation Luthers in das kirchliche Leben ihrer Territorien ein-
zugreifen. So wurde die in Worms unterdrückte Forderung bereits ein Jahr später
auf dem Reichstag zu Nürnberg erneut erhoben, und die versammelten Stände
konnten sich nun darauf einigen, ein »liberum christianum concilium« in deut-
schen Landen binnen Jahresfrist zu verlangen, das Papst und Kaiser gemeinsam
einberufen und dem neben Bischöfen und Klerikern gleichberechtigt auch gebil-
dete Laien als Teilnehmer angehören sollten3. Diesen von einem Ausschuß
lutherisch gesinnter Juristen erarbeiteten Plan4 unterstützte der im Jahre 1524 in
Nürnberg gefaßte Beschluß einer starken altgläubigen Mehrheit, noch bis zum
Ende desselben Jahres ein Nationalkonzil nach Speyer berufen zu lassen, um dort
in Verhandlungen der Reichsstände und ihrer Gelehrten die Religionsfrage für
die Zwischenzeit bis zu dem allgemeinen Konzil zu regeln5. Weder Papst noch
Kaiser gingen auf diese nachdrücklichen Forderungen ein. Wohl änderte sich bald
1. Vgl. hierzu und zum folgenden H.Jedin: Geschichte des Konzils von Trient 1. 2.Aufl.
Freiburg 1951.
2. Vgl.ebd., S. 162.
3. Vgl. RTA 3. Bearb. von A.. Wrede. 2.Aufl. Göttingen 1963. S.440.
4. Vgl.Jedin I, S. 169.
5. Vgl. RTA 4, S. 500-501. Jedin I, S. 171, weist darauf hin, daß der Gedanke an ein National-
konzil zur Lösung der Religionsstreitigkeiten zuerst auf einer Konferenz der bischöflichen Räte
 
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