Einleitung
Die Ereignisse, die sich im Jahre 1533 und im Frühjahr 1534 in Münster in
Westfalen abspielten, warfen ihre Schatten bis nach Oberdeutschland. Der Syn-
dikus der Stadt Münster, Dr.jur.utr. Johann van der Wyck, der von den Reichs-
versammlungen der vorangegangenen Jahre mit vielen evangelischen Fürsten
und Staatsmännern bekannt und befreundet war1, hielt es für seine Pflicht, als die
Sache der Reformation in Münster infolge der täuferischen Umtriebe zu wanken
begann, dem Landgrafen Philipp von Hessen ständig Nachrichten über die Lage
der Dinge zu übermitteln. Nicht weniger hoffte er, Hilfe von Straßburg zu er-
halten. Daher schickte er seine Mitteilungen auch dorthin.
Jakob Sturm berichtete am 11.November 1533 im Straßburger Rat, was ihm
Dr. van der Wyck über die Vorgänge in seiner Stadt geschrieben hatte. Wie Bucer
am 16. November schreibt2 hatte der Syndikus aus Münster auch Akten mitge-
schickt. Zu diesen gehörten das Protokoll des Religionsgespräches mit Rothmann
vom 7./8.August 1533 und die >Wydder Andwurt< auf die Kritik der Marburger
Theologen an Rothmanns Kirchenordnung3. Beide Schriften sind von Bucer mit
zahlreichen Randbemerkungen versehen. Bucer wird vermutlich seinerseits noch
weitere Nachrichten aus Münster gehabt haben4. Seine Informationen, so allge-
mein sie gehalten sind, treffen sachlich durchaus zu. Er weiß von Neuerungen, die
Rothmann im Kirchenwesen eingeführt hat, er berichtet von Versuchen des
Rates, der Lage Herr zu werden, über die Disputation zwischen Rothmann und
Hermann von dem Busche am 7./8. August 1533, die im Protokoll festgehalten ist,
und schließlich von dem letzten Schritt des Rates, der Ausweisung der täuferisch
gesinnten Prädikanten.
Deutlicher tritt Bucers Haltung den Ereignissen in Münster gegenüber in
seinem Brief an Leo Jud vom 30.November 15335 hervor. Er schreibt nach
Zürich, daß ihn die Münsterische Angelegenheit gegenwärtig am meisten be-
schäftigt. Über Rothmann und seine Tätigkeit ist er genau informiert. Er kennt
ihn zwar persönlich nicht, da er in der Zeit, als sich dieser in Straßburg aufhielt
(Mai 1531), gerade in Ulm war6, aber aus Berichten weiß er, daß es sich um einen
bemerkenswert begabten Mann handelt. Seitdem sich dieser jedoch gegen die
Kindertaufe gewandt hat, ist er für Bucer »seductorum primus«. Die Gegner der
Kindertaufe haben in Münster alles in Verwirrung gebracht. Ihr Erfolg ist nun,
daß alle Kirchen um der Unruhen willen geschlossen worden sind. Nur in einer
predigt Rothmann, der sich auf das niedere Volk stützt. Das geschieht gegen den
Willen des Rates, der gegen ihn machtlos ist.
1. Vgl. R. Stupperich: Dr. Johann von der Wyck. Ein münsterscher Staatsmann der Reforma-
tionszeit. In: Westfälische Zeitschrift 123. 1973. S.9-50.
2. Vgl. Schieß I, S.442-443.
3. Im Thomas-Archiv noch vorhanden. Vgl. SMTG I, S. 129f.
4. Vgl. Schieß I, S.415. 5. Vgl. AST, Nr.151.
6. Vgl. R.Stupperich: Straßburg und Münster in ihren Beziehungen 1531-1534. In: RHPR1.
1974. S.71.
Die Ereignisse, die sich im Jahre 1533 und im Frühjahr 1534 in Münster in
Westfalen abspielten, warfen ihre Schatten bis nach Oberdeutschland. Der Syn-
dikus der Stadt Münster, Dr.jur.utr. Johann van der Wyck, der von den Reichs-
versammlungen der vorangegangenen Jahre mit vielen evangelischen Fürsten
und Staatsmännern bekannt und befreundet war1, hielt es für seine Pflicht, als die
Sache der Reformation in Münster infolge der täuferischen Umtriebe zu wanken
begann, dem Landgrafen Philipp von Hessen ständig Nachrichten über die Lage
der Dinge zu übermitteln. Nicht weniger hoffte er, Hilfe von Straßburg zu er-
halten. Daher schickte er seine Mitteilungen auch dorthin.
Jakob Sturm berichtete am 11.November 1533 im Straßburger Rat, was ihm
Dr. van der Wyck über die Vorgänge in seiner Stadt geschrieben hatte. Wie Bucer
am 16. November schreibt2 hatte der Syndikus aus Münster auch Akten mitge-
schickt. Zu diesen gehörten das Protokoll des Religionsgespräches mit Rothmann
vom 7./8.August 1533 und die >Wydder Andwurt< auf die Kritik der Marburger
Theologen an Rothmanns Kirchenordnung3. Beide Schriften sind von Bucer mit
zahlreichen Randbemerkungen versehen. Bucer wird vermutlich seinerseits noch
weitere Nachrichten aus Münster gehabt haben4. Seine Informationen, so allge-
mein sie gehalten sind, treffen sachlich durchaus zu. Er weiß von Neuerungen, die
Rothmann im Kirchenwesen eingeführt hat, er berichtet von Versuchen des
Rates, der Lage Herr zu werden, über die Disputation zwischen Rothmann und
Hermann von dem Busche am 7./8. August 1533, die im Protokoll festgehalten ist,
und schließlich von dem letzten Schritt des Rates, der Ausweisung der täuferisch
gesinnten Prädikanten.
Deutlicher tritt Bucers Haltung den Ereignissen in Münster gegenüber in
seinem Brief an Leo Jud vom 30.November 15335 hervor. Er schreibt nach
Zürich, daß ihn die Münsterische Angelegenheit gegenwärtig am meisten be-
schäftigt. Über Rothmann und seine Tätigkeit ist er genau informiert. Er kennt
ihn zwar persönlich nicht, da er in der Zeit, als sich dieser in Straßburg aufhielt
(Mai 1531), gerade in Ulm war6, aber aus Berichten weiß er, daß es sich um einen
bemerkenswert begabten Mann handelt. Seitdem sich dieser jedoch gegen die
Kindertaufe gewandt hat, ist er für Bucer »seductorum primus«. Die Gegner der
Kindertaufe haben in Münster alles in Verwirrung gebracht. Ihr Erfolg ist nun,
daß alle Kirchen um der Unruhen willen geschlossen worden sind. Nur in einer
predigt Rothmann, der sich auf das niedere Volk stützt. Das geschieht gegen den
Willen des Rates, der gegen ihn machtlos ist.
1. Vgl. R. Stupperich: Dr. Johann von der Wyck. Ein münsterscher Staatsmann der Reforma-
tionszeit. In: Westfälische Zeitschrift 123. 1973. S.9-50.
2. Vgl. Schieß I, S.442-443.
3. Im Thomas-Archiv noch vorhanden. Vgl. SMTG I, S. 129f.
4. Vgl. Schieß I, S.415. 5. Vgl. AST, Nr.151.
6. Vgl. R.Stupperich: Straßburg und Münster in ihren Beziehungen 1531-1534. In: RHPR1.
1974. S.71.