432
IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
Dokument VI
Bucers Widerlegung des Berichtes von Engelbrecht
(Nach dem 18. Dezember 1533)
Mit der Eingabe der 16 Glaubensartikel an den Rat am 31. Mai 1533 wurde das
Hauptziel der Straßburger Synode noch einmal klar herausgestellt: der Kirche
Festigkeit und Einheit zu gewährleisten und den Irrlehrern und ihrer die Einheit
bedrohenden Lehre einen Riegel vorzuschieben1. Eines der Mitglieder des Aus-
schusses, der die Artikel vorbereitete und verfaßte, war Martin Bucer2. Bei der
Vorsynode (3.-6. Juni) wurde dann alsbald deutlich, wodurch die Kirche in ihrer
Existenz am meisten bedroht wurde: durch das umstrittene Verhältnis von Kirche
und Obrigkeit. Damit befaßten sich die drei letzten Artikel, und dagegen wurde
von der Partei der Epikuräer am heftigsten Einspruch erhoben3.
Als leitender Wortführer der Opposition erwies sich auf der Vorsynode Dr.
Antoni Engelbrecht, Pfarrer zu St. Stephan und ehemaliger Weihbischof von
Speyer4. Er legte im Herbst 1533, im Auftrag des Synodalpräsidenten, Jakob
Sturm, seine Ausführungen zur Vorsynode schriftlich nieder5. Im Namen der Pre-
diger wendet sich Bucer gegen die Schrift Engelbrechts. Diese Widerlegung wird
hier zum erstenmal vollständig abgedruckt.
Als Engelbrecht sich mit Bucer auseinandersetzte, war er schon längst nicht
mehr mit ihm befreundet und konnte kaum noch als sein Kollege und Mitarbeiter
bezeichnet werden6. Die Front zwischen den beiden Straßburger Theologen
1. Vgl. Wendel, eglise, S. 30-51.
2. Vgl. Bericht Engelbrechts in AST 75(45,1) S. 5: »Vnd dar zu verordnen Doctor Capiton,
Hern Martin Butzern Caspar N. [Steinbach] helffer jm münster vnd Meister Melchern [Kun-
mann] ...«, vgl. Täuferakten 8, S. 56.
3. Vgl. Wendel, eglise, S.38f.; C. Gerberl, S.160ff.; Schieß I, S.442,459, 466ff.; W.Bellardi:
Anton Engelbrecht (1485-1558), Helfer,Mitarbeiter und Gegner Bucers. In: ARG64.1973.S.191.
Anm.25 weiß die Epikuräer positiver zu bewerten: »... die Ernsthaftigkeit ihrer Argumente ist
nicht zu bestreiten.« - K. Deppermann: Melchiors Hoffmans letzte Schriften aus dem Jahre 1534.
In: ARG 63. 1972. S.73.
4. Über Anton Engelbrecht s. die Literaturangabe bei W.Bellardi, a.a.O., S. 184, Anm. 1 und
dessen Einleitung zu Anton Engelbrecht: »Abconterfeytung MartinButzers« (1546). In: CCath 31.
1974. S.1-8. Zum Obrigkeitsverständnis der Opposition wäre auch besonders die Schrift von
Engelbrechts Anhänger Wolfgang Schultheiß (Scultetus) zu beachten: »Ermanung zum geist-
lichen vrtheyl ynn göttlichen sachen«, Straßburg, Coli. Wilh. Var. 5 62; Teilabdruck in Täuferakten 7,
S.291-297; jetzt veröffentlicht in: W.Bellardi: Wolfgang Schultheiss. Wege und Wandlungen
eines Straßburger Spiritualisten und Zeitgenossen Martin Bucers. In: Schriften der Erwin von
Steinbach-Stiftung 5. Frankfurt a.M. 1976.
5. Bericht Engelbrechts, a.a.O., S. 2: »Die wyl jch ye von dem Ernvesten hem jacoben Sturm ...
beuelch empfangen hab ... Hab also dem nach alles so jch jm Sinodo furgebracht gehandelt vnd
geredt... jn schrifft verfasset...« (ebd.). Zu dem Streit um die letzten drei Artikel s.>Widerlegung<,
S. 596-599. Der Bericht Engelbrechts hat in AST 75 (45,1) die Überschrift: »Acten des sunder-
lichen Sinodums die Oberkeit belangend«. Teilabdruck in Täuferakten 8, S. 55-63, Nr. 374.
6. In seinem Bericht beschuldigt Engelbrecht B. »sophistischer Geschwindigkeit« (S.48):
»... das mir myn lebtag kein behenderer redner (wil nit sagen geschickterer Sophist) nye zukomen
jst«. B. sollte Engelbrecht »ettliche schmutz wort ... von guten wyn drincken vnd anderen nit
zur sach dienend« zugelegt haben (Bericht, S.37; vgl. Widerlegung, S.659.).
IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
Dokument VI
Bucers Widerlegung des Berichtes von Engelbrecht
(Nach dem 18. Dezember 1533)
Mit der Eingabe der 16 Glaubensartikel an den Rat am 31. Mai 1533 wurde das
Hauptziel der Straßburger Synode noch einmal klar herausgestellt: der Kirche
Festigkeit und Einheit zu gewährleisten und den Irrlehrern und ihrer die Einheit
bedrohenden Lehre einen Riegel vorzuschieben1. Eines der Mitglieder des Aus-
schusses, der die Artikel vorbereitete und verfaßte, war Martin Bucer2. Bei der
Vorsynode (3.-6. Juni) wurde dann alsbald deutlich, wodurch die Kirche in ihrer
Existenz am meisten bedroht wurde: durch das umstrittene Verhältnis von Kirche
und Obrigkeit. Damit befaßten sich die drei letzten Artikel, und dagegen wurde
von der Partei der Epikuräer am heftigsten Einspruch erhoben3.
Als leitender Wortführer der Opposition erwies sich auf der Vorsynode Dr.
Antoni Engelbrecht, Pfarrer zu St. Stephan und ehemaliger Weihbischof von
Speyer4. Er legte im Herbst 1533, im Auftrag des Synodalpräsidenten, Jakob
Sturm, seine Ausführungen zur Vorsynode schriftlich nieder5. Im Namen der Pre-
diger wendet sich Bucer gegen die Schrift Engelbrechts. Diese Widerlegung wird
hier zum erstenmal vollständig abgedruckt.
Als Engelbrecht sich mit Bucer auseinandersetzte, war er schon längst nicht
mehr mit ihm befreundet und konnte kaum noch als sein Kollege und Mitarbeiter
bezeichnet werden6. Die Front zwischen den beiden Straßburger Theologen
1. Vgl. Wendel, eglise, S. 30-51.
2. Vgl. Bericht Engelbrechts in AST 75(45,1) S. 5: »Vnd dar zu verordnen Doctor Capiton,
Hern Martin Butzern Caspar N. [Steinbach] helffer jm münster vnd Meister Melchern [Kun-
mann] ...«, vgl. Täuferakten 8, S. 56.
3. Vgl. Wendel, eglise, S.38f.; C. Gerberl, S.160ff.; Schieß I, S.442,459, 466ff.; W.Bellardi:
Anton Engelbrecht (1485-1558), Helfer,Mitarbeiter und Gegner Bucers. In: ARG64.1973.S.191.
Anm.25 weiß die Epikuräer positiver zu bewerten: »... die Ernsthaftigkeit ihrer Argumente ist
nicht zu bestreiten.« - K. Deppermann: Melchiors Hoffmans letzte Schriften aus dem Jahre 1534.
In: ARG 63. 1972. S.73.
4. Über Anton Engelbrecht s. die Literaturangabe bei W.Bellardi, a.a.O., S. 184, Anm. 1 und
dessen Einleitung zu Anton Engelbrecht: »Abconterfeytung MartinButzers« (1546). In: CCath 31.
1974. S.1-8. Zum Obrigkeitsverständnis der Opposition wäre auch besonders die Schrift von
Engelbrechts Anhänger Wolfgang Schultheiß (Scultetus) zu beachten: »Ermanung zum geist-
lichen vrtheyl ynn göttlichen sachen«, Straßburg, Coli. Wilh. Var. 5 62; Teilabdruck in Täuferakten 7,
S.291-297; jetzt veröffentlicht in: W.Bellardi: Wolfgang Schultheiss. Wege und Wandlungen
eines Straßburger Spiritualisten und Zeitgenossen Martin Bucers. In: Schriften der Erwin von
Steinbach-Stiftung 5. Frankfurt a.M. 1976.
5. Bericht Engelbrechts, a.a.O., S. 2: »Die wyl jch ye von dem Ernvesten hem jacoben Sturm ...
beuelch empfangen hab ... Hab also dem nach alles so jch jm Sinodo furgebracht gehandelt vnd
geredt... jn schrifft verfasset...« (ebd.). Zu dem Streit um die letzten drei Artikel s.>Widerlegung<,
S. 596-599. Der Bericht Engelbrechts hat in AST 75 (45,1) die Überschrift: »Acten des sunder-
lichen Sinodums die Oberkeit belangend«. Teilabdruck in Täuferakten 8, S. 55-63, Nr. 374.
6. In seinem Bericht beschuldigt Engelbrecht B. »sophistischer Geschwindigkeit« (S.48):
»... das mir myn lebtag kein behenderer redner (wil nit sagen geschickterer Sophist) nye zukomen
jst«. B. sollte Engelbrecht »ettliche schmutz wort ... von guten wyn drincken vnd anderen nit
zur sach dienend« zugelegt haben (Bericht, S.37; vgl. Widerlegung, S.659.).