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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0072
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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

das Jesus Christus ins fleysch kommen ist, der selbige ist auß Got und ein jeder geyst, der
nit bekennet, das Jesus Christus ins fleysch kommen ist, der selbige ist nit auß Gott und der
selbige ist des widerchrists von dem ir gehöret haben, das er kommen und ist schon jetzund
in der welt [1 Jo 4,2].
Disen spruch zeücht Hoffman auch für sich an, so unverschämet und vermessen
ist der92 geyst. Aber er weiß, das nichts so ungereymets erdacht werden mag,
wann mans denen, die im glauben nit erübete sinn und etwan meer vom wort
Gottes zu disputieren, dann im zu geleben lust haben, nur theür, verwegen und
trutzlich dargibt und hoch bezeüget, so gilt es alles und ist lauter geyst und hym-
lische weyßheit. Die weltweysen Rhetores leren den griff auch, wann einer ein
böse sach hatt und im am grundt der warheyt abgeht, das er dann mit vilem und
hohem bejatzen93, schreyen und theür zeügen den pöfel beteüben solle, damit man
nit sehe und verneme, das sein sach nichs sölle und, was er seinen handel zu be-
schönen fürgibt, nur ein loß, faul geschwetz und nichs söllendes, gaucklendes
geschrey ist.
Du frummer Christ, der die gedancken, list und griff des Satans auch etwas
kennen sollest, hast gut zu sehen, so wir von disem handel nichs uberal, dann den
jetz eingefürten spruch allein hetten, das dennoch allen, die nach Got fragen, und
nur nit mutwillig wöl |D4a| ten betrogen sein, der selbige uberauß genug were,
dazu, das sie erkenneten, das es mit der heyligen menschenwerdung unsers Herren
Jesu Christi sich anders nit halten mag, dann wie die heylige christliche gemeyn
von anfang allweg glaubet und bekennet hat, das nemlich das ewig wort Gottes
also ist fleysch worden, das es in seiner götlichen natur bleybend die menschliche
natur auß Maria der junckfrawen durch würckung des heyligen geysts angnom-
men hat.
Dann wer weyß nit, das (fleysch) in der schrifft heisset ware menschliche natur?
Ist nun unser Herr Jesus in sölch fleysch kommen und das durch ware empfenck-
nüß und geburt und leugnet nieman, das er das ewig wort Gottes ist, so von an-
fang bey dem vatter ware94,was kan doch anders folgen, dann das das selbig ewig
wort Gottes habe von der junckfrawen Maria ware, rechte, wesenliche menschliche
natur angenommen? Welche weiß zu reden die Epistel zun Römeren gebrauchet
[Ro1,3f-].
So nun Hoffman diß nit allein nit bekennet, sonder auch so grausam und un-
erhörter unsinnigkeyt lesteret, werden alle kinder Gottes, die nach götlicher war-
heyt recht fragen, gründtlich erkennen, das Hoffmans geyst ein ungezweyffelter
geyst des ertzwiderchrists sein muß, der understaht, was uns der liebe Got, unser
hymlischer vatter, von seinem Sun, unserem Herren Jesu Christo, warem Gott und
menschen in dieser zeit etwas reichlicher dann in vylen jaren zu erkennen geben
hatt, wider umbzukeren und gentzlich hinzunemen95. Darumb er auch so hellisch

92. Dieser = der.
93. Bejahen, bekräftigen.
94- Vgl. Jo 1,2.
95. Syntax: ... der sich untersteht ... wieder zu verkehren und gänzlich zu beseitigen.
 
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