Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0124
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
120

IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

Aber nachdem fil beruffet, wenig erwehlet3 und der glaub nit jedermans ding ist4, ob
sich des schon fil annemen und offt die zum theuristen, die in warlich nit haben, so
mag es anders nit sein, wenn der Herr den starcken gewapneten fursten und Gott
der welt ernstlichen mit seinem heyligen wort angreyffet, will im sein hauß und
feste burge einnemen und den raub wider in seine handt bringen5, es finden sich,
die sich den selbigen wider das reich Christi mit allerley geschwinder argelystig-
keit, falscher lere und schein des lebens geprauchen lossen und demselbigen ab-
bruch zuthun sich zum höchsten bearbeyten. So sind deren leyder fil, die die liebe
der warheit nit annemen und verdienen also, indem das sy der erkanten warheit
nit wöllen geleben, dan schlecht nieman ist, er weißt meer guts, dann er thut, das
inen Gott krefftige yrthumb zuschicket, auch durch falsche zeichen und wunder, domit sy
der lügen glauben, die der warheit nit haben glauben wöllen, sonder wolgefallen gehabt an
der ungerechtigkeit, 2.Theß. 2 [11 f.]. Auß dem wurdt es dann vollen secten und
rotten, und wie des argen meer dann des gutten und sich auch meer allweg her-
furthut, kommet das gmeyn geschreye, es stunde nie ubler, dann do dise nuwe lere
ist uffkommen. Dann Gott auch seinen zorn so fil meer uber die menschen losset
anbrennen, so fil meer sy seine erkante warheit verachten.
Er sicht ein zeitlang auß seiner grossen langmütigkeit zu, und solang man im
unwissen lebt, wiewol, wie gesagt, des wissens vom gutten bey einem jeden allweg
meer ist, dann des thuns, haltet er mit der strenge syns gerichts an sich, schlecht6
nit gleich zu. Nachdem er aber nun sein heiliges wort klärer und krefftiglicher
gesandt, der welt zur buß so gewaltig rüffet, das | [4] | unwissen hingenommen
hatt und, wie er sagt, den gantzen tag ruffet und seine hand außstrecket, alsdan,
so man je nit hören, nit uffsehen, ja gar aller ding nichts achten wille, so bewyset
er mit der straff, das er Gott und Herr ist und sunst nieman. Do gohn dann doher
die rechten landtsplagen, pestilentz, hunger und krieg, verplendung, verstockung
des gemüts und unsinnigkeit, das man im mittentag tappet wie ein blind7 in der
finsternuß und die leut ire sachen nit meer richten konden, Deut. 28 [15 ff.], das es
alles vollen untrew, falsch, meitterey8 9, uffrur und endtliches verderbens wurdt.
Dermassen ists den Juden ergangen, als sy die warnung und vermanung Gottes,
durch die Propheten inen zugesandt, beharrlich verachtet haben, also ists schier
allenthalb in der welt ergangen, nochdem Gott sein heylig Evangeli menglichen9
in der welt durch die Apostel und ire jünger hatt angepotten, wie das alle Histo-
rien zeugen. Nun zu diser unseren zeit haben wir leyder nit allein die anzeygungen
und vorbotten solliches jamers, sonder des jamers selb ein grossen teyl. Und was
thund wir aber dogegen? Es wurdt ymer erger, und gibt man dem heyligen Evan-

3. Vgl. Mt 20,16.
4. Vgl. 2 Thess 3,2.
5. Die Anschauung vom Kampf zwischen Gott und dem Teufel als Ursache aller Trennung und
Zwietracht geht zurück auf Augustin: De civitate Dei 14; CSEL 40,2, S. 58 ff.
6. Schlägt.
7. Ein Blinder.
8. Meuterei.
9. Allen, jedermann.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften