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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0129
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BERICHT AUSS DER HEYLIGEN GESCHRIFT

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glauben, buß und erberkeit leren, des achtet man gar nichts. Derhalb vor allem das
vonnöten ist, das man sich der einigen waren lere Christi vergleiche31, in deren
gehorsam sich gentzlich ergebe und also eyn ware gemeinsame Christi miteyn-
ander erlange.
Nun, Gunstigen, lieben Herren, der almächtig Gott hatt ewer stadt vor anderen
an zeitlichem gut so uberreichlich begabet und dennocht sein reich auch zuge-
sandt, wille bey uch das | a 2 b | unmüglich müglich machen, das die Camel durch
das loch der nadlen, die reichen ins hymelreich kommen. Täglich hören ir, das
niemand gelebet der zeitlichen guteren, sonder des wort Gottes, so ists alles todt
und hell, wo man nit in Gott reich ist. So dan euch der almächtig Gott, der allein
zu förchten, allein zu lieben, uber so fil tausent seiner schäfflin zu hirten und
vätteren32 gesetzet hatt, so wöllen ja also das reich unsers Herren Jesu Christi bey
euch nach ewerem vermögen furderen, alle gegenyrthumb und ergernuß ab-
stellen, das ewer stadt und kirche wie in zeitlichem also auch in ewigem den
anderen vorleuchte und zu säligem exempel geradte.
Dann einmal muß diß war sein: sollten wir Teutschen in solicher zerstörung33
und zerrüttung aller Christlichen lere und lebens beharren, solten uns nit in ein
andere gehorsam des heyligen Evangeli begeben, sonder die sachen dabey bleiben
lassen, das wir des Bapsts joch hingeworffen haben und domit nur raum gemacht,
by disen alles fleischlichen mutwillens, bey anderen aller unsinnigen, gotslester-
lichen gedichten, falschen leren und secten, wurden wir gar bald sehen, das unser
Herr Jesus mit seinem heiligen namen und wort nit schertzen lasset, unser teyl
wurdt plötzlich mit den heuchleren gesetzet und wir jämerlich verstört und ver-
derbet werden, das wir auch zu erschrocklichem exempel der verachtung götliche
heimsuchung34 sein wurden.
Nun unser himlischer gütiger vatter, der doch sein werck bey euch angefangen,
seinen son, unseren Herren Jesum Christum, so fil eroffnet hatt, der wölle furt-
helffen, das bey euch, uns und allenthalt alle, die Christen sein wöllen, jeder nach
seinem beruff und vermögen, das im Gott verleyhet, dozu diene, das das reich
unsers Herren Jesu herrlich zuneme und erbawen werde.
Dozu wir warlich begert haben, trülich zu dienen, das | a 3 a | wir disen bericht
erstlich denen von Münster zugeschicket und jetzund im truck auch lassen auß-
gohn und E.F.E.W. zugeschriben haben. Dieselbige wölle diß unser furhaben
also verstohn und im besten uffnemen, deren wir dann zum reich Gottes je gern
wol dienen wolten. Der almächtig wölle geben, das sy bey den iren zu seinen eeren

31. Der Gedanke des »Vergleichs« geht auf Erasmus zurück. Seine Schrift >De sarcienda
ecclesiae concordia< erschien im Jahre 1533. S.CI 5, Sp.460-506. B. kannte sie schon bei der Ab-
fassung seines Buches, zumal sie von Capito ins Deutsche übersetzt wurde. Vgl. R.Stupperich:
Der Humanismus und die Wiedervereinigung der Konfessionen, SVRG 160. Leipzig 1936.
S.27ff.; ders.: Erasmus von Rotterdam und seine Welt. Berlin 1977. S. 166 ff.
32. Weltliche Obrigkeit wird hier nach alttestamentlichem Vorgang »hirten und väter« ge-
nannt. Vgl.4 Mos 27,17 und Jes 56,11.
33. Verwirrung.
34. Vgl. Luthers Vorstellung vom »fahrenden Platzregen«. WA 15, S.32.
 
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