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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0193
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BERICHT AUSS DER HEYLIGEN GESCHRIFT

189

Gottes reich uffneme, das ich euch in der warheit sage, yr, wie fil ir vermeinet zu
verstohn und wissen, müsset auch solche werden, allen eweren eygen verstandt,
vernunfft und vermügen fallen lassen und eüch mir wie dise kindlin ergeben. Ja,
ich muß eüch fürkommen und euch annemen. Dann ewer synn, vernunfft und
5 gantzes leben nur wider Gott ist, darumb: Wer das reich Gotes nit nymmet wie eyn
kindlin, das ist, dem mein gnad und hilff nit also widerferet und er in meine
gemeyn kommet als der seynethalb alß hilffloß ist, wie dise kindlin ymmer sein
mögen, der wurt nit hineinkommen. Vor den menschen mag er wol eyn zeitlang als
ym reich Gottes gehalten werden, in der warheit aber und vor | n4b | Gott kan
10 oder mag er des reichs Gottes nymmer theilhafft werden. Wer nit newgeporen
wirt, mag das reich Gottes nit sehen, Joan. 3 [3]. Ich bin des gantzen menschen
heyland, und das allein auß gnaden und meynem geyst und krafft, keinem zuthun
menschlicher krefften. Daruff goht dan die zeucknüß des freuntlichen annemens
der zubrachten kindlin. Er name sy in die arm, umbfinge sy, leget die hand uff sy,
15 segnet sy, thet alles und meer, dann die guten leüt, so sy im zubracht, begeret
hatten, gedacht da mit einem wort nit, das er dise kindlin allein zum exempel der
unschuld und gelossenheit364 hätt dargestellet. Eyn kindlin stalt er under die
junger, sy demut zü leeren, do sy sich zancketen, welcher der gröst sein solte,
davon Matth. 18 [2 ff.]. Hie war gantz eyn anderer handel, wie genug anzeiget.
20 So richte nun eyn frommer Christ, ob sichs nit geweltig und unwidersprechlich
auß diser rede und handlung unsers Herren Jesu Christi schliesse, das aller deren
kindlin, die es begeren, on einigen underscheid zum reich Gotes gehören, für die
wir betten, und mit glauben betten, und nichts anders dann umbs reich Gottes
betten sollen, das in auch der Herr das geben wölle, in der gemein Gottes mit
25 offentlichen Sacramenten bezeügen und sy also in das reich Gotes annemen, wie
unser lieber Herr Jesus mit disen kindlin gethon, sy so freuntlich und hertzlich in
die arm genommen und mit dem Sacrament des handufflegens gesägnet, das ist
seiner erlösung vertröstet und versicheret.
Nun, so bleybt warlich nichts vorhanden, das man in einigem schein fürwerffe
30 wider den kindertauff, durch den die Christenlich gmein nun von Apostel zeiten
här, von welchen sy es auch empfangen, deren kinder, so es begeren, ins reich
Gottes uffnimmet und inen den segen Christi mitteylet, dann das einige365: Der
Herr habe in disem kindersegen das sacrament des hend | o 1 a | ufflegens geprau-
chet und nit den tauff, auch nit heissen teüffen. Hieruff ist aber oben gnugsam
35 geantwort, das der Herr nieman uberal selb getaüffet hatt und das das recht teüf-
fen in todt Christi und einnemen ins reich Christi erst angangen sey, als der Herr
vor gelitten und also in seine herlicheit eingangen ist, dan do hatt er seinen jun-
gern erst den heyligen geist geben und die haußhaltung seiner kirchen recht be-
fohlen. Was er durch sy vor gehandlet, ist alles nur hiezu eyn vorbereytung
40 gwesen.
Aber werden wir rechte, glossene366, ware, geystliche, verstendige Christen,
364. Gelossenheit: Ergebenheit.
365. Dann das einige: nur das allein. 366. Glossene = gelassene, innerlich freie.
 
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