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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0217
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BERICHT AUSS DER HEYLIGEN GESCHRIFT

213

und gepflantzet würdet, das die wachsung an ryffen454 Christlichen fruchten so
wenig heraußbrichet.
Lieben Herren, fründ und brüder, der kindertauff ist vor xiii hundert jahren in
der kirchen gewesen und also gewesen, das mans anders nit gehalten hatt, dan das
die Apostel heben denselbigen geleret, dann Origenes, der diß zeüget, hatt gelert,
als man zalt nach Christi gepurt cc.xxxv. jar455; by solichem glauben hatt man die
kinder on alles widersprechen geteüffet biß uff dise zeit. | s4a | So besehe man nun
der gantzen Christenheit frucht, das theüre plut so fieler tausent Martyrer und die
heyligkeit aller deren, von denen die kirch einige zeugknüß hat und luge456, wie
war das sey, das seyt der zeit, das der kindertauff eingerissen, wenig guter frucht
in der gemein Christi vernomen worden syen!
457Dogegen halte man die frucht, so jetz in acht jaren seyther die widerfechter
des kindertauffs entstanden, by disen leüten, die den kindertauff verdammen und
nach der bekantnüß des glaubens sich teüffen lassen, beschynen sind. Was jemer-
licher spaltung ist under inen, was erschrocklicher yrthumb?458 Do sind, die sich
frey darfür außgeben, sy seyen on alle sünd. Do sind, die eyd und ampt der ober-
keit unchristlich schelten. Do sind gewesen, die gantz nackend uberfeld sind zu-
samengelauffen und byeynander gesessen, wolten domit bezeügen, das sy im stand
der unschuld weren, do die eyn newes weltlich künigreich und das schwert
Gedeonis forhaben. Do sind, die man die freyen teüffer nennet, welche eyn zeitlang
grosse strenge des lebens geübet haben, nun wider alle weltliche uppigkeit treiben
und sagen, es seye inen kein sünd, sy seyen der sünden abgestorben und was sy
thüen, thüe ir fleisch zum gericht der welt. Da sind, die wöllen, das entlich Teüffel
und alle Gottlosen sälig werden. Etliche, es seyn gar keine Teüffel. Do, die geist-
liche ehen mit denen, die ires glaubens seind, wöllen uffrichten und yre vorige
gemahel on einige schuld derselbigen verlassen, wie Unsere Herren hie eyn459 im
gefengknüß haben, der eyn soliche schwester genomen und sein weib nit meer
will, mit deren er doch vi kinder bekommen hatt, ist eyn fromm, Ersam weib,
das im nur gern das beste thäte, ab deren er auch nichts klagen kan dann das
einig, das sy ym seiner irthumb nit hatt gehellen460 wöllen. Diser ligt nun jetz yn
gefengknüß, ee er wölle sein rechtes weib wider | s4b |nemen und die vermein-
ten461 schwester lassen. Sagt, Gott hab in gesandt, den Eestandt zu reformieren.
Was grusamen yrthumbs bringet dan der erschröcklich verfürer Hoffman462 herfür!
Das unser Herr Jesus nit hab auß Maria unsere menschliche natur angenommen,

454. Reifen.
455. Im Jahr 235 kam Origenes nach Caesarea. Vgl. In Lucam homilia14; GCS59, S.85-88.
456. Schaue.
457. Mancherley erschröckliche grewel so under den widerfächteren des kindertauffens entstanden. [Marg.].
458. Irrtümer der Täufer: Sündlosigkeit; Ablehnung der Obrigkeit; Apokatastasis; geistliche
Ehe usw.
459. Gemeint ist Claus Frey. Über ihn vgl.Täuferakten 8,2, S. 11, Anm. 3 u.ö.
460. Zustimmen.
461. Angeblich, vermeintlich.
462. Vgl.zur Linden, S.282.
 
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