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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0225
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BERICHT AUSS DER HEYLIGEN GESCHRIFT

221

Duncket sich aber jeman zenckisch sein, wir haben die gewonheit nit, noch auch die kirchen
Gottes. Domit er zu verstöhn gab, wer nit selb wolte, das er do leret, gegen der
schrifft halten, die er anzogen von dem, das das weib solle under dem man sein
und gegen dem, das Gott einem jeden in die vernunfft geben hatte, das es nit wol
stande, das das weib in der kirchen blosses haupts were und also die warheit er-
kennen, so konde er nit fil mit solichem disputieren. Dann das ist zancken, so man
on frucht der lere miteynander wort streittet. Es ware, das er des orts leret, so
offenbar, das er zu inen sagt: Richtens in eüch selb, ob es wol steh, das das weib mit
entdecktem haupt zu Gott bette! [1 Kor 11,13]
Im 14. Capitel diser epistel, nachdem er vom rechten brauch der gaben, mit
zungen zu reden und weissagen, lere geben hatt, dovon er auch kein außtrucketen
und mit namen disen handel bestymmenden befelh vom Herren oder sust in der
schrifft hatt, beschleüsset er hiemit: Duncket sich jeman eyn Prophet sein oder geistlich,
der erkenne, das die ding, so ich schreibe, des Herren gepott sind, ist aber jemand unwyssend,
der sey unwyssend [I Kor 14,37f.].
494Auß disem allen hatt eyn jeder Christ klärlich zu sehen, das des Herren gepott
zweyerley sind: Eyne von im selb oder sust in der schrifft außtruckenlich gegeben
und im buchstaben begriffen, wie das ist wider die ehescheydung, davon Paulus
sagt: Denen, so in der eh sind, gepiete nit ich, sonder der Herr [I Kor 7,10]. Die anderen,
die er durch seinen heyligen geist in seinen Apostolen und dienern dargibt, die
sust weder in der schrifft noch vom Herren selb mit namen bestymmet sind,
soliche sind, die wir jetz auß dem |u2b| Paulo anzogen haben, do er selb sagt:
Den anderen sage aber ich, nit der Herr [I Kor 7,12]. Und wurdts doch der Herr in im
geredt haben, der dann in im geläbet und alles geredt hatt, darumb er auch frey
schreybet von der ordenung, dovon er doch vom Herren oder sust in der schrifft
auch nichts außgetrucktes hatt, es sey des Herren gepott. Solicher ordnungen und
satzungen hatt er den Corinthiern und anderen kirchen eben manche geben, wie
man diß auß dem 12. zun Corinthiern und 2. Thessalon. 3 [12] zu vermercken
hatt.
Nun möchte aber jeman sagen: Was wir in Apostolen außtrucket haben, das ist
noch das ungezweifflet wort Gottes, der Herr hatt gesagt, sein geist sölle durch
sy reden. Darumb, was sy außtrucken, solle eben gelten, als hette es der Herr selb
außtrucket. Wolan, die Apostel haben verordnet als notwendige stuck, das man
kein blut noch gestöcketes495 essen solte, sagten also, hette es den heyligen geist
und sy für gut angesehen496. Dobey ist Paulus gewesen, hats auch die kirchen
hernaher geleret, Acto. 16 [15.20.22f.], darumb man nit sagen kan, das er dowider
geleret habe in allem, das er von freyheit der gesatzlichen Cerimonien geschriben
hatt. Nun haben wir nierget kein außtruckete nochlassung diser satzung und
habens dennoch die nachgohnden diener Gottes nachgelassen und es die gantze

494. Gottes gepott sind etliche im buchstaben außgetrucket, etliche nit. [Marg.].
495. Geronnenes; Ersticktes.
496. Die kirch hatt alwegen auß dem wort Gottes zu schliessen, daz yn der schrifft schon nit außge-
trucktet. [Marg.].
 
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