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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0271
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FURBEREYTUNG ZUM CONCILIO

267

Unter dieser Voraussetzung wendet sich Bucer scharf gegen die Anmaßung des
Papstes, als Herr über die Kirche das Konzil selbst zu berufen und »sampt seinen
Bischöff und prelaten darin beschlußlich zu sprechen ... Dann heyter am tag ligt,
das kein standt ernstlicher reformation bedarffe.«36 Nur dann hat man die Gewähr
dafür, daß dieses Konzil wirklich das erhoffte »recht christlich Concilium« ist,
wenn man es mit Leuten besetzt, »wie man pflegt, wa man sunst von erbarkeit
handlen wille, lasse rejicieren allein die, die sich gegen christlicher warheit also
halten, das niemandt zweyflen kan, das sie solicher zum höchsten zuwider seien.«37
So ist es also die Aufgabe der weltlichen Obrigkeit, der Gott über alle, »auch die
priester und münch«38,Gewalt gegeben hat, dieses Konzil zu berufen und ihm
vorzustehen. »Diß mittel christlicher versamlung, irthumb und spaltung abzu-
wenden, haben auch die christlichen Keyser, als die iren gewalt, wie das Got ge-
ordnet, uber alle, auch die Bischöff, noch hatten, allemal gebrauchet und damit nit
kleine frucht geschaffen«39 Sollte sich der Papst mit einem solchen Konzil nicht zu-
friedengeben, sondern es, wie bisher, weiter hintertreiben, so wäre es die Pflicht
des Kaisers, eine Nationalversammlung einzuberufen, »damit wir anderen natio-
nen zu einem guten exempel die sachen anfahen.«40Zu diesen Voraussetzungen
gehört dann das Einverständnis, »das man da in aller gotsforcht die heyligen
schrifften erörteret und sich der einfaltigen, lauteren lere Christi vergleychete.«41
Die Heilige Schrift ist für Bucer höchste Autorität als Grundlage für das kom-
mende Konzil ebenso wie im vorliegenden Dialog42. Ihrer bedienen sich in ihrer
Argumentation beide Gesprächspartner, der Verfechter der Reformation (Got-
hertz) und der Vertreter der Altgläubigen (Gotprächt). Wo Gotprächt der Mei-
nung des anderen widerspricht, tut auch er es mit Hilfe von Bibelzitaten. Von der
Schrift aus kann Gothertz-Bucer nicht nur seinen Standort verteidigen und
nicht in der Bibel belegte kirchliche Einrichtungen in Frage stellen, sondern von
ihr als höchster Autorität ausgehend, vermag er sogar die römische Petrus-Tradi-
tion kritisch in Zweifel zu ziehen43. Neben die Heilige Schrift tritt bei Bucer als
zweite Autorität die Stimme der Väter und die Praxis der Alten Kirche. Beides be-
gegnet nicht nur in der vorliegenden Schrift und darf auch nicht allein als eine
freundliche Geste den Altgläubigen gegenüber verstanden werden. Bucer hört als
Erasmus-Schüler auf die Kirchenväter, sie repräsentieren für ihn gleichsam »die
klassische Epoche der christlichen Kirche.«44 In ihr weiß er das Evangelium noch
unverfälscht verkündigt, man redete zum Volk »mit schrifftlichen worten« und
36. Bl. A 3 b, S. 273 f.
37. Bl. O 5 b, S. 359.
38. Bl. A 3 b, S. 274.
39. Bl. A 3a, S. 273. - Gemeint sind die altkirchlichen Konzilien.
40. Bl. O 5 b, S. 258.
41. Bl. A 3 b, S. 273.
42. Hier folgt B. im Wesentlichen der Bibelübersetzung Luthers (nach dem Neuen waren vom
Alten Testament 1523/24 die fünf Bücher Mose und 1532 die Propheten erschienen), nur an
wenigen Stellen ist der Einfluß der Vulgata zu spüren.
43. Kapitel 6. Bl. J4b ff., S. 324ff., besonders Anm.496.
44. Kantzenbach, S. 120.
 
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