FURBEREYTUNG ZUM CONCILIO
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recht gelungen, da dann der grausamist widerchrist, der Mahumet11, die Morgen-
lender und gantz Africa anfieng zu verwüsten12 und by uns in denen Reichen, die
sich christlichs namens offentlich rhümen, die Bäpst und andere prelaten sich zu
weltlicher regierung, gwalt und bracht kereten, daher sie mit der zeyt so weltlich
und üppige13 worden seind, das der h.Bernardus14, der vor CCCC jaren geschriben,
inen in einem Concilio zu Rheimsb, nachdem er sie viler erschrocklicher laster
gescholten, dermassen zugesprochen hat: »So ist jetzund die meinung, das man
die gespons Christi15 nit zieret, sonder beraubet, nit behütet, sonder verderbet,
nit beschirmet, sonder in | A 2 a | todt gibt, nit zu gutem underweiset, sonder zu
schand und laster hingibt, die herd Christi nit weidet, sonder verstört und frisset.«16
Und nach etlichen worten: »Welchen wiltu mir geben auß der zal der bischofen,
der nit mer uff wache, das er der underthanen seckel raume17, dann das er die
laster außreute?« Item: »Es sind nit hirten, sonder verräter.« Und in einem an-
deren Concili: »Von dem erb des creutzes Christi18 machen ir nit bücher in die
kirchen, sonder mestet die huren in kameren, macht feißt die hünd und zieret die
pferd«19; und dergleichen hat diser h. man gar vil hin und wider von prelaten der
kirchen geschriben und frey gezeuget, das sie nit Christo, sonder dem widerchrist
dieneten. Nun ist es seither immer erger worden Was Concilia gehalten, haben die
Bäpst und Bischöfe allweg daruff gehandlet, das sie iren gewalt uber künig und
keyser und alle welt mehreten und befestigeten mit undertruckung aller, die inen
mit ler oder thätlich wolten in dem entgegen sein. Do nun das saltz der erden
[Mt5,13], die öbristen und gewaltigsten, im geystlichen thun dermassen allen
geschmack Christi verloren und der gemein hauff zur warheit on das kleinen20 lust
gehebt, hat Got nach seinem gerechten urteyl uns lassen krefftige irthumb zu-
kommen, das wir allen lügen mehr, dann dem wort des lebens glaubt haben, ist
also endtlich dahin kommen, wie wirs leyder jetz sehen, das der fürfechter des
Mahumets, der Türck, sein tyranney so treffenlich erweitert21 und by uns alles
vollen offenlicher abgötterey, aberglaubens, krieg, uffrur, zertrennung aller kirch-
b) Rheins.
11. Mohammed.
12. Die muslimische Eroberung beginnt unter dem Kalifat des Abu Bakr (632-634); im Jahre
634 erleiden die Byzantiner ihre erste große Niederlage bei Agnadain in Palästina; vgl.C.Brockel-
mann: Geschichte der islamischen Völker und Staaten. 2.Aufl. München und Berlin 1943. S.47f.
13. Übermütig, leichtfertig.
14. Bernhard von Clairvaux (1091-1153).
15. Braut Christi = Kirche; vgl.Off.21,2.9.
16. Ad clerum in concilio remensi congregatum sermo; MSL184, Sp. 1084c.
17. Ausräume.
18. De patrimonio Crucifixi; vgl. WA DB 11,2, S. 95, Anm. 3.
19. Ad pastores in synodo congregatos sermo; MSL184, Sp. 1092b. Um welche Synode es sich
hier handelt, wird nicht deutlich.
20. Wenig.
21. Der Einbruch des Islam durch Araber und Türken in die Christenheit wird auch an anderen
Orten von B. als Gottesstrafe verstanden; vgl. zum Beispiel seine Schrift: >Von der waren Seel-
sorge<, Bl.N2a, f2b (BDS, Bd.7, S.152.233.)
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recht gelungen, da dann der grausamist widerchrist, der Mahumet11, die Morgen-
lender und gantz Africa anfieng zu verwüsten12 und by uns in denen Reichen, die
sich christlichs namens offentlich rhümen, die Bäpst und andere prelaten sich zu
weltlicher regierung, gwalt und bracht kereten, daher sie mit der zeyt so weltlich
und üppige13 worden seind, das der h.Bernardus14, der vor CCCC jaren geschriben,
inen in einem Concilio zu Rheimsb, nachdem er sie viler erschrocklicher laster
gescholten, dermassen zugesprochen hat: »So ist jetzund die meinung, das man
die gespons Christi15 nit zieret, sonder beraubet, nit behütet, sonder verderbet,
nit beschirmet, sonder in | A 2 a | todt gibt, nit zu gutem underweiset, sonder zu
schand und laster hingibt, die herd Christi nit weidet, sonder verstört und frisset.«16
Und nach etlichen worten: »Welchen wiltu mir geben auß der zal der bischofen,
der nit mer uff wache, das er der underthanen seckel raume17, dann das er die
laster außreute?« Item: »Es sind nit hirten, sonder verräter.« Und in einem an-
deren Concili: »Von dem erb des creutzes Christi18 machen ir nit bücher in die
kirchen, sonder mestet die huren in kameren, macht feißt die hünd und zieret die
pferd«19; und dergleichen hat diser h. man gar vil hin und wider von prelaten der
kirchen geschriben und frey gezeuget, das sie nit Christo, sonder dem widerchrist
dieneten. Nun ist es seither immer erger worden Was Concilia gehalten, haben die
Bäpst und Bischöfe allweg daruff gehandlet, das sie iren gewalt uber künig und
keyser und alle welt mehreten und befestigeten mit undertruckung aller, die inen
mit ler oder thätlich wolten in dem entgegen sein. Do nun das saltz der erden
[Mt5,13], die öbristen und gewaltigsten, im geystlichen thun dermassen allen
geschmack Christi verloren und der gemein hauff zur warheit on das kleinen20 lust
gehebt, hat Got nach seinem gerechten urteyl uns lassen krefftige irthumb zu-
kommen, das wir allen lügen mehr, dann dem wort des lebens glaubt haben, ist
also endtlich dahin kommen, wie wirs leyder jetz sehen, das der fürfechter des
Mahumets, der Türck, sein tyranney so treffenlich erweitert21 und by uns alles
vollen offenlicher abgötterey, aberglaubens, krieg, uffrur, zertrennung aller kirch-
b) Rheins.
11. Mohammed.
12. Die muslimische Eroberung beginnt unter dem Kalifat des Abu Bakr (632-634); im Jahre
634 erleiden die Byzantiner ihre erste große Niederlage bei Agnadain in Palästina; vgl.C.Brockel-
mann: Geschichte der islamischen Völker und Staaten. 2.Aufl. München und Berlin 1943. S.47f.
13. Übermütig, leichtfertig.
14. Bernhard von Clairvaux (1091-1153).
15. Braut Christi = Kirche; vgl.Off.21,2.9.
16. Ad clerum in concilio remensi congregatum sermo; MSL184, Sp. 1084c.
17. Ausräume.
18. De patrimonio Crucifixi; vgl. WA DB 11,2, S. 95, Anm. 3.
19. Ad pastores in synodo congregatos sermo; MSL184, Sp. 1092b. Um welche Synode es sich
hier handelt, wird nicht deutlich.
20. Wenig.
21. Der Einbruch des Islam durch Araber und Türken in die Christenheit wird auch an anderen
Orten von B. als Gottesstrafe verstanden; vgl. zum Beispiel seine Schrift: >Von der waren Seel-
sorge<, Bl.N2a, f2b (BDS, Bd.7, S.152.233.)