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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
ist, das reich Christi, so in uns ist. Derhalb, solle die Römische kirch den gewalt
und das ampt Petri haben und sollen ire Bischöff Sant Peters nachkommen sein,
so müssen sie das im weyden der schefflin Christi, im erbawen des leibs Christi
erzeygen und beweysen. So ist auch, mein lieber Gotprächt, das Apostelampt ein
anders dann ein hirten- oder bischoffampt. Der Herr gibt dise Apostelen und
andere hirten und bischoffe, Ephes. 4 [11]. Ein Bischof, der hat sein besonder volck
und herden, auff die er sehen und bey deren er sich halten solle. Derhalb befalch
der Heylig Paulus dem Tito, die stett in Creta mit eltisten, das ist bischöffen, zu
besetzen, in der epistel zum Tito am ersten capittel [5 ]. Ein Apostel aber ist ein
sendbott, der von einem ort zum anderen zeucht491 und wirbet492 |K2a| die
botschafft des Evangeli, wie Petrus, Paulus, Barnabas und andere gethon haben.
Derhalb, wöllen die Bäpst Sant Peters nachkommen sein, müsten sie beweysen,
das sie Christus zum Apostelampt treibe und brauche, müsten also daraffter493
ziehen und das Evangeli predigen und die schefflin Christi mit der that weyden,
das ist, mit leeren und hermanen in glaub und liebe erbawen, wie Petrus, Paulus
und alle heyligen Apostel gethon haben.
Gotp.: Der Herr hat den heyligen Petrum nit allein zum Apostolat, sonder auch
zum bischoflichem ampt gebrauchet. Nachdem er in gohn Rom gesendet hat,
daselbet mit den schlüsselen seins Evangeli die thür des hymmlischen reichs auff-
zuschliessen, wie die Ecclesiastica historia von im schreibet lib. 1.cap. 15494.
Goth.: Ich weiß wol, was Eusebius hievon schreibet, wie es sich aber mit gött-
licher schrifft vergleiche, weiß ich warlich nit. Es machet einem glaubigen nit un-
billich eben vil gedenckensz495, das S.Paulus weder in der epistel zun Römern,
weder in allen denen, die er zu Rom geschriben, noch auch Lucas in geschichten
der Apostolen Sant Peters irget gedencken, als der zu Rom gewesen sey496. Und
schreibt doch Eusebius in Chronicis, das er im anderen jar Claudii gohn497 Rom
kommen und daselbet fünffundzwentzig jar bischoff gewesen sey, zu Rom seinen
bischoflichen sitz gehebt habe498, und vom Paulo schreibt er, das derselbige sie
gohn Rom kommen im dritten jar Neronis, das were im 14. jar, nachdem S. Peter
gon Rom solle kommen sein499. Nun schreibet der heylig Chrysostomus, bringet
z) gedenckes.
491. Zieht.
492. Setzt ins Werk, betreibt.
493. Hin und her.
494. Nicht hier, sondern 2,15 in der Fassung Rufins; bei Euseb selbst fehlt der Hinweis auf die
Schlüssel. GCS 9, S. 138f.
495. Gibt zu denken.
496. Von dieser biblizistischen Voraussetzung aus bestritten schon die Waldenser die römische
Petrus-Tradition. In der Reformationszeit griff ein Unbekannter unter dem Pseudonym Ulricus
Velenus Minhoniensis die Kritik wieder auf, die Sebastian Franck übernahm, während sich die Re-
formatoren selbst zurückhielten; vgl. K. Heussi: War Petrus in Rom? Gotha 1936. S. 8 f.
497. Nach.
498. GCS 47, S. 179; das heißt im Jahre 42.
499. GCS 47, S.182. Danach kommt Paulus schon im 2. Jahre des Nero, das heißt im Jahre 56,
nach Rom; in das gleiche Jahr weist die hier angegebene Differenz von 14 Jahren.
IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
ist, das reich Christi, so in uns ist. Derhalb, solle die Römische kirch den gewalt
und das ampt Petri haben und sollen ire Bischöff Sant Peters nachkommen sein,
so müssen sie das im weyden der schefflin Christi, im erbawen des leibs Christi
erzeygen und beweysen. So ist auch, mein lieber Gotprächt, das Apostelampt ein
anders dann ein hirten- oder bischoffampt. Der Herr gibt dise Apostelen und
andere hirten und bischoffe, Ephes. 4 [11]. Ein Bischof, der hat sein besonder volck
und herden, auff die er sehen und bey deren er sich halten solle. Derhalb befalch
der Heylig Paulus dem Tito, die stett in Creta mit eltisten, das ist bischöffen, zu
besetzen, in der epistel zum Tito am ersten capittel [5 ]. Ein Apostel aber ist ein
sendbott, der von einem ort zum anderen zeucht491 und wirbet492 |K2a| die
botschafft des Evangeli, wie Petrus, Paulus, Barnabas und andere gethon haben.
Derhalb, wöllen die Bäpst Sant Peters nachkommen sein, müsten sie beweysen,
das sie Christus zum Apostelampt treibe und brauche, müsten also daraffter493
ziehen und das Evangeli predigen und die schefflin Christi mit der that weyden,
das ist, mit leeren und hermanen in glaub und liebe erbawen, wie Petrus, Paulus
und alle heyligen Apostel gethon haben.
Gotp.: Der Herr hat den heyligen Petrum nit allein zum Apostolat, sonder auch
zum bischoflichem ampt gebrauchet. Nachdem er in gohn Rom gesendet hat,
daselbet mit den schlüsselen seins Evangeli die thür des hymmlischen reichs auff-
zuschliessen, wie die Ecclesiastica historia von im schreibet lib. 1.cap. 15494.
Goth.: Ich weiß wol, was Eusebius hievon schreibet, wie es sich aber mit gött-
licher schrifft vergleiche, weiß ich warlich nit. Es machet einem glaubigen nit un-
billich eben vil gedenckensz495, das S.Paulus weder in der epistel zun Römern,
weder in allen denen, die er zu Rom geschriben, noch auch Lucas in geschichten
der Apostolen Sant Peters irget gedencken, als der zu Rom gewesen sey496. Und
schreibt doch Eusebius in Chronicis, das er im anderen jar Claudii gohn497 Rom
kommen und daselbet fünffundzwentzig jar bischoff gewesen sey, zu Rom seinen
bischoflichen sitz gehebt habe498, und vom Paulo schreibt er, das derselbige sie
gohn Rom kommen im dritten jar Neronis, das were im 14. jar, nachdem S. Peter
gon Rom solle kommen sein499. Nun schreibet der heylig Chrysostomus, bringet
z) gedenckes.
491. Zieht.
492. Setzt ins Werk, betreibt.
493. Hin und her.
494. Nicht hier, sondern 2,15 in der Fassung Rufins; bei Euseb selbst fehlt der Hinweis auf die
Schlüssel. GCS 9, S. 138f.
495. Gibt zu denken.
496. Von dieser biblizistischen Voraussetzung aus bestritten schon die Waldenser die römische
Petrus-Tradition. In der Reformationszeit griff ein Unbekannter unter dem Pseudonym Ulricus
Velenus Minhoniensis die Kritik wieder auf, die Sebastian Franck übernahm, während sich die Re-
formatoren selbst zurückhielten; vgl. K. Heussi: War Petrus in Rom? Gotha 1936. S. 8 f.
497. Nach.
498. GCS 47, S. 179; das heißt im Jahre 42.
499. GCS 47, S.182. Danach kommt Paulus schon im 2. Jahre des Nero, das heißt im Jahre 56,
nach Rom; in das gleiche Jahr weist die hier angegebene Differenz von 14 Jahren.