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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0340
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336

IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

wöllen, und das sunst kein bischoff sein solte.«594 Darumb ware es aber gar nicht
zu thun, das Concilium zu Calcedon hat dem Römischen Bischoff den tittel der
meynung nit geben wöllen, das er allein aller kirchen bischoff und sunst keiner
sein solte. Also595 Johannes, der patriarch zu Constantinopel, wolt nit also ein
gemeiner bischoff sein, das ers allenthalb allein were, sonder war des Concili von
Calcedon meinung, das der bischofe zu Rom solte etwas uber andere bischoff sein,
das selbige wolte im596 auch der bischoff zu Constantinopel hernaher zumessen,
und im also alle christen underworffen sein. Nun schreibt Gregorius, das soliches
sey, dem Antichrist fürlauffen. Luge du nun, mein Got-|L4a|prächt, wie es umb
ewere bäpst stande, die an dem nit genug haben, das sie über alle bischöff und also
auch alle schäfflin Christi regieren und die597 obristen priester und hirten gehalten
werden, sonder wöllen auch uber künig und Keyser und, glat598 wie Christus,
unser heylandt, in hymmel und erden vollmechtigen gewalt haben als eygne herren
aller ding, so leyb und sei belangen, also das sie dahin kommen seind, das sie auch
den englen haben understohn599, zu gebieten600. Sunst hat der H. Gregorius der
kirchen zu Rom auch ein fürtreffen601 zugeben, er massiget602 dasselbige aber also,
das er S. Peters stul und gwalt nit weniger der kirchen zu Alexandria und Antio-
chia zugibt, dann im selb, lib. 6.,epi[st.] 201603.
Gotp.: Nun aber, mein Goth., so ir doch zugebet, das der Bapst etwas mer sey,
dann die anderen bischöff, warin soll nun solich fürtreffen und oberkeit stohn?
Mögen wir uns hierin nit auch vergleichen?
Goth.: Wa man uns wolte bleiben lassen bey dem, das du bekennet hast vom
gewalt der geystlichen, das der nur zu uffbawung der kirchen geben seye und ge-
braucht werden möge, were auch hierin wol ein gleich helligkeyt604 bey den
Christen zu finden. Alsdann aber wurden die bäpst warlich sich umb die oberkeyt
der welt so ernstlich nit tringen605. Welcher auch die lieben heyligen bäpst nit ge-

594. Enchiridion locorvm, Bl. 29(F 3)bf.: [Gregorius et Pelagius] sic negauerunt, aliquem posse
esse uniuersalem episcopum: sic quod esset cuiusque ecclesiae proprius rector: quoniam sic nullus
alius esset episcopus, et honor episcopalis omnibus detraheretur, et in unum solum rejceretur ...
595. Ebenso.
596. Sich.
597. Für die.
598. Schlechterdings.
599. Sich angemaßt.
600. Zur Gewalt des Papstes über die weltlichen Herrscher vgl. zum Beispiel Martin von Troppau
(gest. 1278): spiritualis potestas est maior et imperialis minor; Mirbt-Aland I, S.456. In der An-
nahme jedoch, die Päpste hätten sich die Macht auch über die Engel angemaßt, irrt B. offensicht-
lich: Martin von Troppau (a.a.O.) vergleicht die Gewalt Christi über die Engel mit der des
Papstes über seine Kardinäle; vgl. WA DB 11,2, S.87, Anm. 2.
601. Vorrang.
602. Schwächt aber insofern ab, daß ...
603. Epistolarum liber 7, Epist.40 (nach Mignes Zählung); MSL 77, Sp. 898-900; Antiochia ist
wie Rom selbst Petri sedes, und in Alexandria geht das Bistum auf den Petrus-Schüler Markus
zurück.
604. Einhelligkeit.
605. Drängen.
 
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