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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
den782 beschweret worden, nit mit menschlicher vermessenheit, humanis prae-
sumptionib[us]«, so redt August[in], lib. 2.,cap. 19783. Was solte er nun jetz sagen?
Nun zelet der heylig August[in] in disem buch under das, in dem man solte jede
kirch lassen iren brauch halten, das etliche alle tag, etliche allein am Sabbath und
Sonnentag, etlich nur am Sonnentag das abentmal Christi halten, wie und wann
man in der kirchen singen und lesen, fasten und dergleichen üben solle784. Darumb
würt das das einign mittel des christlichen fridens sein, den alle, die an Christum
glauben, einander schuldig seind, gegen einander genug | O 4 a| haben785, das yeder
bey dem bleibe, das uns die heyligen Evangelien und apostolische schrifften und
was dise notwendiger volge mitbringen. Uns söllen die gleubigen zu sollichem
allem allweg bereit und geflissen finden, wenn wir das nur auch bey euch erlangen
möchten.
Gotp.: Ir müsset aber diß in yetz gemeltem786 buch, lib. 2.,cap. 18., auch ver-
mercken, »was nit wider glaub und gute sitten ist«, das sollichs mit denen, die es
im brauch haben, zu halten ist787.
Goth.: Es staht darbey und hat etwas in im, das zu ermanung eins besseren
lebens dienet.
Gotp.: Und im nachgenden Cap. Aber die kirch Gottes, die sich under vil
sprewer und vil unkraut788 haltet, duldet vil, doch was wider ein gut leben ist, das
macht sie nit gut, schweigt nit darzu, thuts nit.
Goth.: Nit mehr begeren wir, dann eben disen beschluß: »machen nit gut,
schweigen nit darzu und thuns nit«, das wider den glauben und gut leben ist, so
wöllen wir aller dienstbarkeyt eusserlicher satzungen, die man doch unbillich uber
die christen gfüret hat, wie der h. Augustinus an dem ort zeugt, uns nit wideren789,
sovil uns das unverletztes glaubens und liebe immer möglich sein wirt.
Gotp.: Ach, ir solten nit für euch selb so geenderet haben, das in allgemeiner
kirchen haltung ist, was einer gantzen gemein zustaht, solle on derselbigen gemein
bewilligung niemand enderen.
Goth.: Ja, diß ist die gemeine klag uber uns, so wir doch nichs, dann nach dem
willen unsers Herren, der gemein haupt, geenderet haben, das ir790 die gmein
Christi solle allweg gefallen lassen. Dise ding treffen also alle christen an, das
dennoch ein jede gemein, ein jeder Christ für sich dastahn und antwort geben muß.
n) einig einig.
782. Bürden.
783. MSL 33, Sp.221.
784. Liber I: Sacramentis, festis diebus, jejunio et Eucharistia; 2: Sabbati mysterium, Quadra-
gesimae jejunium, Lotio pedum. De variis consuetudinibus, Cantus Ecclesiae, etc.; MSL 33,
Sp. 199-204. 204-223.
785. Es genug sein lassen.
786. Genannten.
787. Quae non sunt contra fidem, neque contra bonos mores; MSL 33, Sp.221.
788. Vgl.Mt 3,12; 13,30.
789. Widersetzen.
790. Sich.
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sumptionib[us]«, so redt August[in], lib. 2.,cap. 19783. Was solte er nun jetz sagen?
Nun zelet der heylig August[in] in disem buch under das, in dem man solte jede
kirch lassen iren brauch halten, das etliche alle tag, etliche allein am Sabbath und
Sonnentag, etlich nur am Sonnentag das abentmal Christi halten, wie und wann
man in der kirchen singen und lesen, fasten und dergleichen üben solle784. Darumb
würt das das einign mittel des christlichen fridens sein, den alle, die an Christum
glauben, einander schuldig seind, gegen einander genug | O 4 a| haben785, das yeder
bey dem bleibe, das uns die heyligen Evangelien und apostolische schrifften und
was dise notwendiger volge mitbringen. Uns söllen die gleubigen zu sollichem
allem allweg bereit und geflissen finden, wenn wir das nur auch bey euch erlangen
möchten.
Gotp.: Ir müsset aber diß in yetz gemeltem786 buch, lib. 2.,cap. 18., auch ver-
mercken, »was nit wider glaub und gute sitten ist«, das sollichs mit denen, die es
im brauch haben, zu halten ist787.
Goth.: Es staht darbey und hat etwas in im, das zu ermanung eins besseren
lebens dienet.
Gotp.: Und im nachgenden Cap. Aber die kirch Gottes, die sich under vil
sprewer und vil unkraut788 haltet, duldet vil, doch was wider ein gut leben ist, das
macht sie nit gut, schweigt nit darzu, thuts nit.
Goth.: Nit mehr begeren wir, dann eben disen beschluß: »machen nit gut,
schweigen nit darzu und thuns nit«, das wider den glauben und gut leben ist, so
wöllen wir aller dienstbarkeyt eusserlicher satzungen, die man doch unbillich uber
die christen gfüret hat, wie der h. Augustinus an dem ort zeugt, uns nit wideren789,
sovil uns das unverletztes glaubens und liebe immer möglich sein wirt.
Gotp.: Ach, ir solten nit für euch selb so geenderet haben, das in allgemeiner
kirchen haltung ist, was einer gantzen gemein zustaht, solle on derselbigen gemein
bewilligung niemand enderen.
Goth.: Ja, diß ist die gemeine klag uber uns, so wir doch nichs, dann nach dem
willen unsers Herren, der gemein haupt, geenderet haben, das ir790 die gmein
Christi solle allweg gefallen lassen. Dise ding treffen also alle christen an, das
dennoch ein jede gemein, ein jeder Christ für sich dastahn und antwort geben muß.
n) einig einig.
782. Bürden.
783. MSL 33, Sp.221.
784. Liber I: Sacramentis, festis diebus, jejunio et Eucharistia; 2: Sabbati mysterium, Quadra-
gesimae jejunium, Lotio pedum. De variis consuetudinibus, Cantus Ecclesiae, etc.; MSL 33,
Sp. 199-204. 204-223.
785. Es genug sein lassen.
786. Genannten.
787. Quae non sunt contra fidem, neque contra bonos mores; MSL 33, Sp.221.
788. Vgl.Mt 3,12; 13,30.
789. Widersetzen.
790. Sich.
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