38
DER LEIPZIGER REFORMATIONSENTWURF
heilig Paulus clar vnd ernstlich gnug fürgegeben72; auß dem auch genomenb, was die
alten concilia vnd heiligen Vätter, auch die Christlichen keiser hieuonc gesetzt vnd
geschrieben haben, Außgenomen das einig, das die alten, wiewol Sanct Paulus die
ehe keinem gradt der kirchen dienerd abstrickt73, eben zeittig74 in dem Priesterstandt
ein eheweib zunemen nite zugegebenf, hernacher auch deneng, die zuuor Weiber
gehapt, bey denselbigen zuwonen verbotten, vnnd nicht lang nach diesem auch nie-
mandt zu diessem standt vnd dienst haben komen laissen, er hab dann | [33 a] | zuuorh
die ehe verlopt75. Wiewol diß nit alßpaldti allenthalben angenomen ist. Dennochj zuk
zeiten Henrici 4. hat man die Priester in teutscher nation hierzu mit gewalt zwingen
muissen76.
Dieses aber, die ehe den kirchendienern abzustricken, ist ldaher kommen, das
man den ehestandt ex superstitione zu gering gehalten vnnd den ehelosen standt one
vnd wider gottes wort fur besondere gottes dienst geacht. darauß geuolgl, das nhun
etliche hundertm jar kein standt vnzuchtigern, abschewlicher lebet dann die kirchen
diener, welche aber die allerheiligsteno vnd züchtigsten sein solten. Derhalben die
kirchen von not, wegen der zeit vnd personen, damit man wider recht gotfurchtig
vnnd heilig diener der kirchen haben muge, von dieser strenge abtretten muissen,
dann man ye sichet vnd greyfft - man gelobe vnnd gepiet, was man woll -, das die
priester doch, wo man jnen die eheweyber nicht zulest, ane schandep vnd laster nicht
leben. Zu dem muß yeq ein ieder gotseliger mentsch die schwere vnnd aber glaubisch
vercleynerung des ehestandts, die der herr auch so schwerlich gestrafft hat, pillich
behertzigen. Dann der ehestand an jme selbst heilig vnd rzu allem guten furderlich
vndr nit hinderlich sein muß, Weyl der herr sagt, es sey nit gut, das der mentsch allein
sey77. | [33 b] | Vnnd er wolle jme ein geholffen, vnd freylich vor allem zur gotselig-
keit, vnd nicht ein hindernuß, schaffen.
b) add.: ist E, F. - c) hieuor C.
d) E, F; mher A; mer B, D; meher C. - e) mit B.
f) E, F; zuzugeben A, B, C, D. - g) fehlt D.
h) fehlt E, F.
i) also bald E, F. - j) Dann noch E, F. - k) zun E, F.
l) -l) auß eyner zuuil ringschetzung des ehestands und zuuil hochschetzung ausser der ehe zu
leben also auffkomen und hat mit der zeit leyder bracht E, F.
m) add. E, F. - n) add.: und E, F.
o) heiligsten B. - p) schuldt B. - q) ia E, F. - r)-r) fehlt B.
72. Vgl. Von der waren Seelsorge; BDS 7, S. 122-124. B. verweist dort auf ITim 3,1-12; Tit
1,5-9; 2Tim 2,1-10; 2Tim 2,15-17a; 2Tim 2,22-26; 2Tim 3,14-17; ITim 4,12-16; ITim
5,21-22b; Apg 13,1-3.
73. Unterbindet, abschneidet, benimmt; s. Grimm 1, Sp. 134-135.
74. Im geschlechtsreifen Alter, rechtzeitig; s. Götze, S. 234; Grimm 15, Sp. 584-586, bes. 585.
75. Durch Gelübde beseitigen; s. Grimm 12, 1, Sp. 817.
76. s. für B.s Meinung über den Zölibat Von der waren Seelsorge, BDS 7, S. 125-128, und für
seine Auffassung über den historischen Verlauf Per quos steterit, S. 289, Z. 12-17 und das Wormser
Buch, S. 477, Z. 6 - S. 479, Z. 18. Daraus ergibt sich, daß er den Gang der Ereignisse zu geradlinig
schildert und die Durchführung immer bei Heinrich IV. einsetzen läßt. Auch Witzel, Typus,
S. 36-38, hat das gleiche Geschichtsbild, s. für den historischen Verlauf Gryson.
77. 1 Mos 2,18.
5
10
15
20
DER LEIPZIGER REFORMATIONSENTWURF
heilig Paulus clar vnd ernstlich gnug fürgegeben72; auß dem auch genomenb, was die
alten concilia vnd heiligen Vätter, auch die Christlichen keiser hieuonc gesetzt vnd
geschrieben haben, Außgenomen das einig, das die alten, wiewol Sanct Paulus die
ehe keinem gradt der kirchen dienerd abstrickt73, eben zeittig74 in dem Priesterstandt
ein eheweib zunemen nite zugegebenf, hernacher auch deneng, die zuuor Weiber
gehapt, bey denselbigen zuwonen verbotten, vnnd nicht lang nach diesem auch nie-
mandt zu diessem standt vnd dienst haben komen laissen, er hab dann | [33 a] | zuuorh
die ehe verlopt75. Wiewol diß nit alßpaldti allenthalben angenomen ist. Dennochj zuk
zeiten Henrici 4. hat man die Priester in teutscher nation hierzu mit gewalt zwingen
muissen76.
Dieses aber, die ehe den kirchendienern abzustricken, ist ldaher kommen, das
man den ehestandt ex superstitione zu gering gehalten vnnd den ehelosen standt one
vnd wider gottes wort fur besondere gottes dienst geacht. darauß geuolgl, das nhun
etliche hundertm jar kein standt vnzuchtigern, abschewlicher lebet dann die kirchen
diener, welche aber die allerheiligsteno vnd züchtigsten sein solten. Derhalben die
kirchen von not, wegen der zeit vnd personen, damit man wider recht gotfurchtig
vnnd heilig diener der kirchen haben muge, von dieser strenge abtretten muissen,
dann man ye sichet vnd greyfft - man gelobe vnnd gepiet, was man woll -, das die
priester doch, wo man jnen die eheweyber nicht zulest, ane schandep vnd laster nicht
leben. Zu dem muß yeq ein ieder gotseliger mentsch die schwere vnnd aber glaubisch
vercleynerung des ehestandts, die der herr auch so schwerlich gestrafft hat, pillich
behertzigen. Dann der ehestand an jme selbst heilig vnd rzu allem guten furderlich
vndr nit hinderlich sein muß, Weyl der herr sagt, es sey nit gut, das der mentsch allein
sey77. | [33 b] | Vnnd er wolle jme ein geholffen, vnd freylich vor allem zur gotselig-
keit, vnd nicht ein hindernuß, schaffen.
b) add.: ist E, F. - c) hieuor C.
d) E, F; mher A; mer B, D; meher C. - e) mit B.
f) E, F; zuzugeben A, B, C, D. - g) fehlt D.
h) fehlt E, F.
i) also bald E, F. - j) Dann noch E, F. - k) zun E, F.
l) -l) auß eyner zuuil ringschetzung des ehestands und zuuil hochschetzung ausser der ehe zu
leben also auffkomen und hat mit der zeit leyder bracht E, F.
m) add. E, F. - n) add.: und E, F.
o) heiligsten B. - p) schuldt B. - q) ia E, F. - r)-r) fehlt B.
72. Vgl. Von der waren Seelsorge; BDS 7, S. 122-124. B. verweist dort auf ITim 3,1-12; Tit
1,5-9; 2Tim 2,1-10; 2Tim 2,15-17a; 2Tim 2,22-26; 2Tim 3,14-17; ITim 4,12-16; ITim
5,21-22b; Apg 13,1-3.
73. Unterbindet, abschneidet, benimmt; s. Grimm 1, Sp. 134-135.
74. Im geschlechtsreifen Alter, rechtzeitig; s. Götze, S. 234; Grimm 15, Sp. 584-586, bes. 585.
75. Durch Gelübde beseitigen; s. Grimm 12, 1, Sp. 817.
76. s. für B.s Meinung über den Zölibat Von der waren Seelsorge, BDS 7, S. 125-128, und für
seine Auffassung über den historischen Verlauf Per quos steterit, S. 289, Z. 12-17 und das Wormser
Buch, S. 477, Z. 6 - S. 479, Z. 18. Daraus ergibt sich, daß er den Gang der Ereignisse zu geradlinig
schildert und die Durchführung immer bei Heinrich IV. einsetzen läßt. Auch Witzel, Typus,
S. 36-38, hat das gleiche Geschichtsbild, s. für den historischen Verlauf Gryson.
77. 1 Mos 2,18.
5
10
15
20