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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Augustijn, Cornelis [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 9,1): Religionsgespräche (1539 - 1541) — Gütersloh, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.29835#0494
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JOHANNES GROPPER, ARTIKELL

Kirchen das urtheil heimstelle, weil die geister durch die Kirchen geprüfet und geur-
teilt werden söllen7, Und das nit eym jetligen zugelassen werden sölle die heilige
schrifft, darin vil dynge sein schwer zu verstehen, nach seim eigen dunckel und
verstand ußzulegen8.

Das auch der Algemeiner Kirchen eynhelliger und allzeit gehaltener verstant und
die Authoritet der Orthodoxen gemeiner Concily, so lengst dorch alle kirchen ange-
nommen, von der Particular | 8b | Kirchen und Synoden authoritet klärlich zu
underscheiden, Nemlich also, das der algmeyner vergleichung und dem wunderba-
ren zusamenstymmen in eyne lehr der Kirchen das eigne, das man bey derselbigen
außlegung bleiben sol, Weil sye ihr unfelbare und unbedrugliche zeichen hab, wel-
che seyn die götliche zusage, daz die helige Kirche des Geysts der warheit nümmer
entratten oder mangelen sol9, Item die eynhelligkeit der lehr und vergleichung mit
der schrift, Welche beide zeichen rechte zeichen seind des heiligen geists, der ein
geist der einigkeit ist und nit des miß verstands10 und eyn ingeber und urhaber aller
warer außlegung und heilsamer Ordnung, Und das dise einhelligkeit der Kirchen
auch durch das heiligs leben der gotseligen und durch die myrackel und blut der
Martyrer bestettigt worden sey.

Das hieneben die particular Kirchen die macht wol haben, die schrifften gegenein-
anderzuhalten, zu erforschen und außzulegen, doch also, das ihr außlegen mit der
algmeyner einhelligkeit der Kirchen nit streitte. Und wo vilerley meynungen seind,
das dan die nyderige particularkirchen die sach an mehre und grössere Kirchen und
darnach, wo es von nötten sein würde, zu erkäntniß algemeiner Kirchen gelangen
lassen sollen. Welches geschehen sol durch die versamlungen, so in den Concilien
zusamenkommen, der etliche Bischofliche, etliche Provincial, etliche National, etli-
che General seyn.

Von der Erbsunde.

Das die Erbsünde sey nur und allein ein lauther oder plosser mangel der ersten
gerechtigkeit, so unser aller Vatter Adam in der Schöpffung ingepflantzt gewesen,
sampt böser süchtiger neygung zur sünden. Was aber über disen einigen mangel und
süchtige neygung sündtlichs in dem menschen sey, das sölichs alles nit erb-, sonder
wirckliche sund sey. Und das also, wie itzgemelt, die Erbsunde von der wircklicher
sünd eigenlich sey zu underscheiden.

Das die Erbsunde uns, die auß Adam geboren werden, allein vonwegen des her-
sprießens und fleißlicher geburt halb von Adam zugeeignet werde und nit, das sie
sunst unser eigen sün- | 9a | de sey vonwegen unsers eigen thuns oder lassens.

Das die verdamniß der kindlin, so ungetäufft tödtlich abgehen, nur gelegen sei in
beraubung des Götlichen anschauwens und liechts.

Das in uns, die von Adam geboren werden, vor der widdergeburt noch etwas der

7. Vgl. 1Kor 14,26-33.

8. Vgl. 2Petr 3,16.

9. s. Jo 14,16-17; 16,13.

10. Vgl. 1Kor 14,33.
 
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