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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Arens, Fritz [Bearb.]; Bauer, Konrad Friedrich [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 2 : Heidelberger Reihe ; Band 2): Die Inschriften der Stadt Mainz von frühmittelalterlicher Zeit bis 1650: auf Grund der Vorarbeiten von Konrad F. Bauer — Stuttgart: Druckenmueller, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.52057#0055
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St. Emmeran
Die Emmeranskirche 1 liegt an einer der wichtigsten und am sichersten bekannten römischen
Straße. Diese führte vom römischen Castrum über die Gaugasse, den Schillerplatz und die
Emmeransstraße zur römischen Rheinbrücke. Die Kirche liegt auf der Mitte der Strecke auf
der Nordseite der Emmeransstraße.
Die St. Emmeranskirche übernahm möglicherweise die seelsorgliche Betreuung der Um-
wohner, nachdem St. Lambert an Kloster Lorsch gekommen war. Das könnte im 9. Jhdt. ge-
wesen sein, als sich das Patrozinium des 652 gemarterten Regensburger Bischofs in unserer
Gegend durchsetzte2.
Der älteste Bauteil, der Turm, datiert ins 12. Jahrhundert, an ihn lehnte sich eine verhältnis-
mäßig niedere romanische Kirche an. Der gotische Kirchenbau wurde in der zweiten Hälfte
des 14. Jahrhunderts fertig.
St. Emmeran war immer eine Pfarrkirche, das erfahren wir schon aus der frühesten Er-
wähnung von 1220, wo allerdings geplant war, das Petersstiff nach dem Tode des Emmerans-
pfarrers in dessen Kirche zu verlegen. Doch war sie, das weiß man sowohl aus der Geschichte
wie man es auch dem Bauwerk ansieht, eine Pfarrkirche von geringerer Bedeutung als St.
Quintin.
Dem entspricht auch ganz der Charakter der überlieferten Inschriften. Aus früher Zeit haben
wir nur sehr wenige, im 15. Jahrhundert beginnen sie etwas zahlreicher zu werden. Vom
16. Jahrhundert ab entwickelt sich die Kirche zur Begräbnisstätte einiger benachbart woh-
nender Adelsfamilien, z. B. der Freiherrn von Franckenstein.
Die meisten in St. Emmeran erhaltenen Inschriften stehen auf Wandepitaphien, die aber
größtenteils erst nach 1650 entstanden sind. Ein besonders interessanter Beitrag zur Lebens-
geschichte des bedeutenden Inschriftensammlers Georg Helwich ist das Familienepitaph, das
er in St. Emmeran setzte (Nr. 1431).
Der Fußboden war einheitlich mit roten Sandsteinplatten gepflastert, nur zwei Grabsteine
waren an untergeordneten Stellen sichtbar (Nr. 708, 792). Daß der Fußbodenbelag nicht der
ursprüngliche sein konnte, sah man schon an den Basen der Pfeiler. Diese Sockel sind in einer
späteren Fußbodenerhöhung verschwunden, die 1760 bei einer umfassenden Kirchenwieder-
herstellung durch Auffüllung mit Erde geschah. Ich berechne den Unterschied zwischen dem
alten und neuen Niveau auf etwa einen Meter. — Vermutlich ließ man den alten Fußboden-
belag mit seinen wohl zahlreichen Grabsteinen bei der Auffüllung liegen. Diese Ansicht wird
bestätigt durch Grabsteine, die sich beim Einbau einer Heizung fanden. Allerdings sind die
beiden Platten zu abgetreten, um ihnen noch etwas entnehmen zu können.
An weiteren Inschriften birgt St. Emmeran den interessanten Sakristeischlußstein (Nr. 806)
und vor den Kriegsverwüstungen hatte es die Zweitälteste erhaltene Mainzer Glocke (Nr. 770).
Die beiden letztgenannten Kunstwerke gingen am 27. Februar 1945 zu Grunde, als alle Dächer
und der Turm abbrannte, die Kirche ausbrannte und die Gewölbe einstürzten.
Franziskaner
Das Franziskanerkloster lag an der Schusterstraße nicht weit vom Dom3. — Das Kloster war
schon bald nach der Stiftung des Ordens in Mainz entstanden, also noch im 13. Jahrhundert.
Anschließend baute man noch die Kirche und die Klostergebäude, 1330 brannte das Kloster
und wurde wieder aufgebaut. Wie lange allerdings diese Bauten aus der Frühzeit noch stan-
den oder durch Umbauten verändert wurden, ist schwer zu sagen. Den Bestand an Baulich-
keiten im 16. Jahrhundert kennen wir jedenfalls aus einem Grundriß recht genau.
Wie uns die überlieferten Inschriften und ein Nekrologium lehren, war das Franziskaner-
kloster bevorzugter Begräbnisplatz des Mainzer Patriziats. Es scheint so, daß es an Beliebtheit
noch das Dominikanerkloster übertraf. Woher nun diese Bevorzugung kam, ist nicht leicht zu
sagen. Die Kirche lag günstig zu dem Wohnviertel des Mainzer Patriziats, vielleicht übte auch
der dritte Orden, in dem mancher Mitglied gewesen sein wird, eine gewisse Anziehungskraft
aus. Wir wissen, daß der größte Mainzer, der Erfinder der Buchdruckerkunst Johannes Guten-
berg in der Franziskanerkirche bestattet war, wenn sich auch sein Grabstein trotz verschie-
dener Nachforschungen in früheren Jahrhunderten nicht mehr finden ließ (Nr. 920).
1 Arens in Kdm. Kirchen S. 93 f — 2 H. Büttner in: Archiv f. mittelrhein. Kirchengesch. III, 1951 S. 51 Anm. 248. —
3 Wagner=Schneider, Geistliche Stifte II S. 199. — A. Ruppel, Das Grab Gutenbergs. Mainz 1930. — A. Ruppel, Über die ältere
Franziskanerkirche in Mainz. M. Z. XXXII, 1937 S. 46. —

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